Unfälle mit Leitern werden i. W. durch Gleichgewichtsverlust – v. a. beim übermäßigen seitlichen Hinauslehnen – und damit verbundenem Abstürzen von und mit der Leiter bzw. durch Wegrutschen der Leiter verursacht. Leitern in Anlegeposition werden dabei häufig zu flach angestellt, so dass sie – besonders wenn der Benutzer auf halber Leiterhöhe steht – leicht nach hinten wegrutschen. Durch die an dieser Stelle auftretende hohe (maximale) Durchbiegung verringert sich der ohnehin schon zu geringe Anlegewinkel am Fußpunkt der Leiter noch einmal und das Wegrutschen ist vorprogrammiert.

Die allermeisten der untersuchten Unfälle ereigneten sich – entsprechend der Häufigkeit der Arbeiten in dieser Höhe- bis zu einer Absturzhöhe von 2,5 m (vgl. Abb. 2). Die Verletzungsfolgen waren z. T. gravierender als von etwas größeren Höhen, da dem Verunfallten weniger Zeit zur Reaktion auf den Sturz bleibt, z. B. durch Einnehmen einer bestimmten Körperschutzhaltung.

Abb. 2: Absturzhöhen bei Leiterunfällen[1]

Die Verletzungsfolgen sind gleichermaßen Prellungen und Quetschungen, Gehirnerschütterungen, Brüche sowie Verstauchungen (vgl. Abb. 3).

Einen wichtigen Einfluss auf das Unfallgeschehen hat der Leiterzustand.

Das Versagen von Leiterteilen, z. B. das Brechen eines Holms oder einer Sprosse, spielt statistisch eine untergeordnete Rolle. Davon ausgenommen sind Vorschädigungen, wie sie häufig beim Transport gerader langer, schwerer Leitern immer wieder vorkommen und nicht erkannt bzw. ignoriert werden. Bei anschließender Benutzung knickt das z. B. schon nach innen verbogene und durch seitliches Hinauslehnen belastete Holmende ein und die Leiter stürzt mit der Person um.

Abb. 3: Verletzungsarten bei Leiterunfällen[2]

 
Achtung

Prüfung vor Benutzung

Entscheidend ist also nicht nur der richtige Umgang mit der Leiter, sondern auch der "schnelle Blick" auf die Leiter, bevor diese bestiegen wird mit dem Ziel, Vorschädigungen zu erkennen und entsprechend zu reagieren.

Neue Leiterkonstruktionen, wie die Teleskopleiter, bringen jedoch oft ein erhöhtes Unfallrisiko mit sich, da bauartbedingte neue Anforderungen erst formuliert und in die Herstellung übertragen werden müssen. Sie sind seit einigen Jahren von dem eigens dafür erarbeiteten Normteil EN 131-6 erfasst. So waren auch im gewerblichen Bereich mehr und mehr Unfälle durch versagende Teleskopleitern zu verzeichnen, die z. B. in Fernost hergestellt werden.

In der Zwischenzeit ist das konstruktionsbedingte Unfallgeschehen durch Anwendung der Norm EN 131-6 zurückgegangen. Gleichwohl ist diese Leiterbauart aufgrund der ineinander verschiebbaren Holmsegmente anfällig hinsichtlich Verschmutzungen sowie äußeren Beschädigungen (z. B. Dellen in den Holmsegmenten). Daher ist sie in schmutzanfälligen Bereichen – wie in der Bauwirtschaft häufig anzutreffen – nicht zu empfehlen. In jedem Fall kommt der Prüfung dieser Leiterbauart vor jeder Benutzung eine besondere Bedeutung zu.

Die in der Vergangenheit deutlich höheren Unfallzahlen und erheblichen Unfallfolgen waren seinerzeit der Grund, für dieses vermeintlich einfache Arbeitsmittel eigens die Unfallverhütungsvorschrift BGV D36 "Leitern und Tritte" zu erlassen. Diese wurde im Jahr 2002 durch Erscheinen der Betriebssicherheitsverordnung abgelöst und ist mittlerweile bei allen Unfallversicherungsträgern zurückgezogen.

1993 wurden erstmals die europäischen Normen DIN EN 131 Teil 1 "Leitern; Benennungen, Bauarten, Funktionsmaße" und Teil 2 "Leitern; Anforderungen, Prüfung, Kennzeichnung" erarbeitet. Das hatte zur Folge, dass die "Sicherheitsreserven" bei den Leitern zunahmen und seitdem die Leiterunfälle durch Bauteilversagen rückläufig sind. Leitern, die nach dieser Norm hergestellt und bestimmungsgemäß benutzt werden, brechen bei sachgemäßer Verwendung nicht mehr "einfach so" zusammen.

Während die BetrSichV i. W. Bestimmungen für die Bereitstellung (Auswahl und Anzahl), Benutzung sowie wiederkehrenden Prüfungen enthält, ist für die Herstellung von Leitern das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) relevant. Konkretisiert werden die hier getroffenen Anforderungen durch Normen, hier insbesondere die EN 131, aber auch DIN-Normen für Sonderbauformen. Das in diesen Normen festgelegte Sicherheitsniveau ist für Hersteller, Lieferer und Einführer von Leitern, aber auch für Leiterbenutzer verbindlich. Derzeit sind durch das Deutsche Institut für Normung (DIN) 6 Normteile der EN 131 veröffentlicht. EN 131 Teil 3 "Benutzerinformationen" ist mit Blick auf das meist benutzungsbedingte Unfallgeschehen erstellt worden und steht hier im Vordergrund.

[1] Quelle: DGUV.
[2] Quelle: DGUV.

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