Was müssen Sie nun alles an Information zusammentragen? Grundsätzlich alles, was der Beantwortung der Frage nach der Gefährdungshöhe dient. Der Umfang ist zu Beginn der Informationsermittlung oft schlecht zu überblicken. Deshalb sind Sie auf der sicheren Seite, wenn systematisch alle im Arbeitsbereich vorhandenen Produkte (= Stoffe und Zubereitungen, auch Werkstoffe!) in Form eines Arbeits- und Gefahrstoffverzeichnisses aufgelistet werden.

Denken Sie auch an "verfahrensbedingt entstehende" Gefahrstoffe. Beispiele hierfür sind Phosphin (bei der Sphärogussbearbeitung), N-Nitrosamine (aus Nitrit und sekundären Aminen), PAKs (Pyrolyseprodukte in nw-KSS), Formaldehyd (als Verunreinigung oder Zersetzungsprodukte von Bioziden auf Formaldehyddepot-Basis) und grundsätzlich Staub mit Partikeln in unterschiedlichster Größe bis in den Nanobereich (zum Thema ultrafeine Partikel (UFP) führt die BGHM diverse Forschungsvorhaben durch).

Diese Daten müssen anschließend mit betriebsspezifischen Informationen verknüpft werden. Zur Vorgehensweise eignet sich folgende Liste (mit Erläuterungen):

  • Gefährliche Stoffeigenschaften; (H-Sätze): Als Basis dienen Einstufung und Kennzeichnung nach EG-CLP-Verordnung ("GHS"). Die Einbindung der Daten, die in REACH gewonnen werden, findet sukzessive statt.
  • Sicherheitsinformationen des Herstellers; (P-Sätze): Es gilt grundsätzlich das Gleiche wie unter dem Punkt "Gefährliche Stoffeigenschaften". Der Inverkehrbringer hat i. d. R. schon eine Beurteilung vorweggenommen und daraus auf die Notwendigkeit dieser Schutzmaßnahmen geschlossen.
  • Ausmaß, Art, Dauer und Häufigkeit der Exposition:

    • Das Ausmaß und die Art der Exposition sind abhängig vom Aufnahmeweg zu bestimmen. Bei Hautkontakt geht es vor allem um die Größe der betroffenen Hautareale, und zwar sowohl zur Beurteilung der Hautschädigung als auch zur Beurteilung der Hautresorption bei Stoffen, die eine entsprechende Kennzeichnung haben. Beim Einatmen geht es vor allem um die Beobachtung, wie sich die Expositionshöhe innerhalb der Arbeitszeit ändert, und ob. z. B. massive Expositionsspitzen vorhanden sind (z. B. weil bei einer Havarie in eine Transferstraße eingestiegen werden muss).
      Beim Verschlucken handelt es sich immer um unfallartige Ereignisse oder massives Fehlverhalten (z. B. Abfüllen von Chemikalien in Getränkeflaschen). Solche Fälle können schwer kalkuliert werden.
    • Dauer und Häufigkeit bedeutet im einfachsten Falle vollschichtig und regelmäßig. Abweichungen davon sind in Prozent des Schichtanteils (auch kumulativ!) anzugeben. Als Besonderheit sei die "verkürzte Expositionsdauer" nach TRGS 402 genannt, wenn die Kurzzeitwertkategorien der entsprechenden Stoffe (aus der TRGS 900) diese Betrachtung zulassen.
  • Arbeitsbedingungen und Verfahren, Verbrauchsmengen und -konzentrationen: Hier kommt der tätigkeitsbezogene Aspekt besonders zum Tragen. Es geht um die Erfassung von Tätigkeiten (z. B. Einlegearbeiten, Einrichten, Qualitätskontrolle), Anlagenart (offen oder geschlossen, Einzelbedienung oder vollautomatisch), Fertigungsverfahren, Mengen, Konzentrationen, Temperatur, Druck, Emissionsorte (Werkzeugmaschine, Boden, Spänebehälter, Spänezentrifuge, Luftrückführung (!!)). Die Komplexität der Datenerfassung ist aus zahlreichen betrieblichen Beispielen bekannt.
  • Grenzwerte; ggf. sonstige Daten, die den Stand der Technik definieren: Einen Befund können Sie besonders bequem dann erstellen, wenn Sie den Messwert mit einem Grenzwert vergleichen können. Seit dem 1.1.2005 existieren jedoch nur noch AGW für Stoffe mit bekanntem Gefahrenpotenzial. Für krebserzeugende Stoffe (z. B. Nitrosamine, Benzo(a)pyren oder Beryllium) oder Stoffgemische (komplexe KW-Gemische) wurden die Grenzwerte ausgesetzt. Hier kann man sich bereits jetzt (für Nitrosamine in der TRGS 552) oder in naher Zukunft am Stand der Technik orientieren.
  • Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen: Die Ermittlung der Wirksamkeit der Maßnahmen ist als Königsdisziplin zu betrachten und je nach Aufnahmeweg unterschiedlich schwierig umzusetzen. Bei der Eignung eines Handschuhes und bei Hautschutzpräparaten (mit Einschränkungen) können Sie den Angaben der einschlägigen Hersteller vertrauen.
    Komplexer ist die Beurteilung der Eignung von organisatorischen Maßnahmen wie Betriebsanweisung und Unterweisung. Hier ist vor allem Kommunikation mit den betroffenen Personen erforderlich, vor allem, wenn Sie feststellen, dass vorhandene Schutzmaßnahmen nicht verwendet oder gar außer Kraft gesetzt werden.
    Sehr viel schwieriger ist es, die Wirksamkeit von Lüftungseinrichtungen (Absaugung, Abscheidung, raumlufttechnische Anlage) zu beurteilen. Hier stecken die Berufsgenossenschaften mit einem Prüfgrundsatz und einem Prüfstand noch in Entwicklung. Es zeigt sich, dass oft nur eine arbeitsplatzbezogene Luftmessung Sicherheit bringt.
  • Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischer Vorsorge: Die Betriebsmediziner leisten hier einen besonderen Beitrag. Immer unter Wahrung der Schweigepflicht werden Erkenntnisse aus Gesprächen oder Untersuchungen e...

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