Die Vorschrift verfolgt das Schutzziel, dass sich die Beschäftigten im Notfall unverzüglich in Sicherheit bringen und schnell gerettet werden können. Sie knüpft an § 4 Abs. 4 an. Dort finden sich einige Grundregeln, die beim Betreiben von Arbeitsstätten im Hinblick auf Fluchtwege und Notausgänge zu beachten sind (s. o. Abschn. 2.5.). In Abschn. 4 Abs. 2 ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass zusätzlich die Regelungen zum Errichten von Rettungswegen des Bauordnungsrechts der Länder zu beachten sind.

Die ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" ist im März 2022 mit zahlreichen Änderungen neu gefasst worden. Zum Teil handelt es sich dabei um eine redaktionelle Neuordnung der Materie. Die ASR A3.4/7 "Sicherheitsbeleuchtung, optische Sicherheitsleitsysteme" ist aufgehoben und ihr Inhalt auf die ASR A3.4 "Beleuchtung" und ASR A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge" sowie zum kleineren Teil auf die ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" verteilt worden. Dabei wurde in die ASR A2.3 unter Abschn. 8.4 detaillierter als zuvor das Thema "Optische Sicherheitsleitsysteme" überführt. Das Thema "Sicherheitsbeleuchtung auf Fluchtwegen" findet sich seither im Abschn. 9 ASR A2.3. Das Thema "Sicherheitsbeleuchtung für Tätigkeiten, Arbeitsplätze, Arbeitsräume und Bereiche" hingegen ist als Abschn. 7 in die ASR A3.4 übernommen worden.

Laut Anhang 2.3 Abs. 1 Buchst. a) ArbStättV müssen Fluchtwege und Notausgänge sich in Anzahl, Anordnung und Abmessungen nach der Art der Nutzung und der konkreten Einrichtung, nach den Abmessungen der Arbeitsstätte und nach der höchstmöglichen Zahl der dort anwesenden Personen richten. Die Anzahl der erforderlichen Fluchtwege ist per Gefährdungsbeurteilung unter Berücksichtigung bauordnungsrechtlicher Vorschriften, die häufig 2 unabhängige Rettungswege für eine Nutzungseinheit verlangen, und der konkreten Umstände vor Ort festzulegen. Für die Zahl der erforderlichen Fluchtwege und Notausgänge ist vor allem der Grundsatz aus Anhang 2.3 Abs. 1 Buchst. b) ArbStättV maßgeblich, dass ein möglichst kurzer Fluchtweg einzurichten ist (s. u.), sowie die höchstmögliche Zahl der jeweils anwesenden Personen. Bei der Personenzahl sind nicht nur Beschäftigte, sondern auch Kunden, Gäste usw. einzubeziehen.

Für das Erfordernis eines zweiten unabhängigen Fluchtweges kann vor allem neben der hohen Personenzahl auch eine erhöhte Brandgefährdung sprechen (siehe Abschn. 6 Abs. 1 ASR A2.3). In der Neufassung aus dem März 2022 wird nicht mehr von erstem und zweitem Fluchtweg, sondern von Haupt- und Nebenfluchtwegen gesprochen. Ein Nebenfluchtweg ist erforderlich zur Flucht aus Bereichen, in denen die Gefahr besteht, dass der Hauptfluchtweg nicht mehr sicher begehbar ist, wofür in Abschn. 6 Abs. 1 ASR A2.3 seit der Neufassung insgesamt 8 Beispiele genannt werden, die über die alte Regelung deutlich hinausgehen.

Tabellarisch ist in Abschn. 5 Abs. 6 ASR A2.3 die Mindestbreite der Fluchtwege in Abhängigkeit von der Anzahl der Personen festgelegt, die den Weg im Notfall nutzen. Die Maße sind abgestimmt mit der Mindestbreite von Verkehrswegen (Abschn. 4.2 Abs. 1 ASR A1.8) und unterscheiden sich in der Neufassung März 2022 geringfügig von der Vorversion. Bestandsschutzregelungen für die alten Maße finden sich in Abschn. 5 Abs. 7-9 ASR A2.3. Für die erforderliche Mindestbreite von Treppen auf Fluchtwegen sind in der Neufassung mehrere Alternativkonzepte in Abschn. 5 Abs. 14-16 ASR A2.3 formuliert worden.

Bei der Zahl und Anordnung der Fluchtmöglichkeiten ist stets darauf zu achten, dass sie auf möglichst kurzen Wegen ins Freie führen, Anhang 2.3 Abs. 1 S. 1 Buchst. b). Maximale Fluchtweglängen ergeben sich aus Abschn. 5 Abs. 2 ASR A2.3 gestaffelt nach Gefährdungslage zwischen 10 m und 35 m. Die Länge des Hauptfluchtweges ist die kürzeste Wegstrecke (ohne Berücksichtigung der Raumausstattung, jedoch nicht durch Wände gemessen) vom Beginn des Fluchtweges bis zu einem Notausgang. Die tatsächliche Laufweglänge darf nicht mehr als das 1,5-fache der maximal zulässigen Hauptfluchtweglänge betragen. In erster Linie sollen Fluchtwege und Notausgänge ins Freie führen. Wenn ein Weg ins Freie nicht möglich oder wesentlich länger und gefahrträchtiger ist, kann der Weg auch in einen gesicherten Bereich führen (Abschn. 4 Abs. 1 ASR A2.3). Laut Abschn. 4 Abs. 8 ASR A2.3 muss sichergestellt sein, dass sich am Ende eines Fluchtweges kein Rückstau bilden kann, weil z. B. der freie Platz begrenzt oder etwa durch eine öffentliche Straße gefährdet ist.

Die Kennzeichnungsanforderungen gemäß Anhang 2.3 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c) sollen den Fliehenden alle erforderlichen Informationen für eine sichere und schnelle Flucht vermitteln. Die Anforderungen an die Kennzeichnung von Fluchtwegen und Notausgängen ergeben sich aus Abschn. 8 ASR A2.3. Zu verwenden sind in erster Linie die Rettungszeichen gemäß Anhang 1 Nr. 4 ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung". Bei einer erhöhten Gefährdung (z. B. ho...

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