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Wenn man die in Kapitel 2.1.1 vorgestellte Definition von psychischer Gesundheit zugrunde legt, könnte man die "gesunde Lehrkraft" folgendermaßen beschreiben:

Psychisch gesund ist eine Lehrkraft, der es im Alltag gelingt, sich engagiert und doch entspannt den Anforderungen zu stellen, die über eine positive Einstellung zu sich selbst und zu den eigenen Wirkungsmöglichkeiten verfügt, die Ziele hat und verfolgt, in ihrem Tun Sinn erfahren kann und sich sozial aufgehoben fühlt ... und davon selbst fest überzeugt ist (Selbstwirksamkeit)!

Das entspricht auch der Definition, mit der die persönlichkeitsdiagnostische Forschung zur Lehrergesundheit arbeitet (z. B. AVEM Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster, Schaarschmidt, 2004).

Danach kennzeichnet die gesunde Lehrerin bzw. den gesunden Lehrer folgendes:

  • deutliche, doch nicht exzessive Ausprägungen in den Merkmalen, die das Arbeitsengagement anzeigen.
  • starker beruflicher Ehrgeiz und mittlere bis leicht erhöhte Werte in der subjektiven Bedeutsamkeit der Arbeit, der Verausgabungsbereitschaft und dem Perfektionsstreben.
  • erhaltene Widerstandskraft trotz hohen Engagements.

Die Zuordnung einer Person zum Gesundheitsmuster besagt, dass die Voraussetzungen am günstigsten sind, erworbenes Wissen und pädagogisches Können wirksam und langfristig umzusetzen und damit leistungsfähig und leistungsbereit zu arbeiten. Wie im vorhergehenden Kapitel deutlich wurde, zeigen erste empirische Befunde auch, dass die Gesundheit der Lehrkraft auch die Qualität der unterrichtlichen Arbeit beeinflusst.

Arbeitsengagement

Das Engagement gegenüber Arbeitsanforderungen zählt zu den wesentlichen psychischen Aspekten von Gesundheit, darin drücken sich in starkem Maße Sinnerleben und aktive Lebenseinstellung aus. Die Potsdamer Forschergruppe (Schaarschmidt, 2004, 2007) betont an dieser Stelle aber auch die richtige Dosierung von Arbeitsengagement. Ein "Zu viel" kann dazu führen, dass die Balance zwischen Engagement und Entspannung ins Wanken gerät. Das Optimum liegt im dosierten und zielgerichteten Einsatz der Kräfte in Übereinstimmung mit persönlichen Schwerpunktsetzungen. Das geht einher mit deutlicher, aber nicht exzessiver Verausgabungsbereitschaft bei gleichzeitiger Distanzierungsfähigkeit gegenüber dem schulischen Alltag.

Distanzierungsfähigkeit oder auch Erholungsfähigkeit (= Distanz gegenüber den beruflichen Problemen wahren können, abschalten können) wird eine große Bedeutung für die gesundheitsförderliche Bewältigung beruflicher Belastungen eingeräumt; sie sind wesentliche Ressourcen für Personen in sozialen Kontexten.

Widerstandskraft gegenüber Belastungen

Diese Dimension beschreibt eine optimistische Lebenshaltung, geprägt durch Zuversicht und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Auf Grundlage dieser optimistischen Lebenshaltung können auch bessere Bewältigungsstrategien für belastende Situationen und Berufsanforderungen entwickelt werden.

Emotionen

Zu den Emotionen gehören das Erfolgserleben im Beruf, die Lebenszufriedenheit und das Erleben sozialer Unterstützung. Diese Merkmale kennzeichnen zum einen den mehr oder weniger stabilen Hintergrund für die Auseinandersetzung mit Anforderungen, zum anderen gilt gerade das Erleben sozialer Unterstützung als psychologischer Schutzfaktor in kritischen Situationen (Schaarschmidt 2004). Das bestätigt auch die Priener Lehrerstudie im Vergleich zwischen psychisch erkrankten und gesunden Lehrkräften (Hillert et al., 2012). Die Gruppe der erkrankten Lehrkräfte verfügte über deutlich weniger soziale Ressourcen als die der gesunden Lehrkräfte. Das betraf sowohl die private soziale Unterstützung durch Freunde und Familie als auch die berufliche durch die Kolleginnen, Kollegen oder die Schulleitung. Die Unterschiede bezogen sich dabei sowohl auf die Qualität als auch auf die Quantität der sozialen Unterstützung.

Zu den individuellen gesundheitsfördernden Merkmalen von Personen gehören natürlich auch Ernährung und Suchtverhalten, das Ausmaß an sportlicher Betätigung und das Erholungsverhalten. Auf diese Merkmale soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, sie gelten nicht nur für Lehrkräfte, sondern für alle Personen. Allerdings sollte deren Bedeutung für die eigene Gesundheit nicht unterschätzt werden.

Wir haben in den folgenden Kapiteln einige Aspekte hervorgehoben, die in der Gesundheitsförderung für Lehrkräfte als zentral angesehen werden:

  • Achtsamkeit als Haltung und als Methode
  • Emotionale Kompetenz
  • Kohärenzgefühl, Misserfolgserleben und Selbstwirksamkeit
  • Organisation des Arbeitsalltags und Selbstmanagement

Ergänzt wurden die Kapitel jeweils durch einige praktische Übungen.

2.4.1 Achtsamkeit als Haltung und als Methode

Verschiedene Studien belegen den Wert der Achtsamkeit (engl. mindfulness) für die Gesundheit und das Wohlbefinden (Kabat-Zinn, 2007, Kaltwasser, 2010).

Definition

Achtsamkeit bedeutet das bewusste Wahrnehmen dessen, was gerade geschieht. Achtsam sein heißt, eine nicht bewertende, akzeptierende Haltung einzunehmen und den sinnlichen Erfahrungen besondere Aufmerksamkeit zu sche...

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