Zusammenfassung

 
Überblick

Aufgrund der wachsenden Anforderungen der Märkte an Flexibilisierung und Erweiterung des Produktportfolios werden bei vielen Unternehmen Maschinen und Anlagen immer häufiger kurzfristig erweitert oder verändert. Dabei ergeben sich bei Betreibern oft Unsicherheiten und Fragen zum Thema Maschinensicherheit. Werden Teilmaschinen zu einer Gesamtanlage verknüpft, spricht man auch von einer Maschinenanlage, einer verketteten oder komplexen Anlage. Die EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG hat dafür den Begriff "Gesamtheit von Maschinen" geprägt.

Hersteller verketteter Anlagen müssen im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens beurteilen, ob durch die Verkettung der Teilmaschinen neue Gefährdungen und Risiken entstanden sind, die zusätzliche Schutznahmen erforderlich machen. Dieser Beitrag soll aufzeigen, wie man entscheiden kann, ob eine "Gesamtheit von Maschinen" i. S. der Maschinenrichtlinie vorliegt oder nicht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Der Begriff "Gesamtheit von Maschinen" ist in Art. 2 2006/42/EG definiert. Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG ist seit dem 29.12.2009 in Kraft und wurde durch die Maschinenverordnung (9. ProdSV) in deutsches Recht umgesetzt. Aber bereits auf Basis der davor gültigen Maschinenrichtlinie 98/37/EG waren die damit verbundenen vielfältigen Fragestellungen zur Problematik "Gesamtheit von Maschinen" in den entsprechenden Fachgremien intensiv diskutiert worden.

Darüber hinaus sind die folgenden Normen relevant:

  • DIN EN ISO 12100 "Sicherheit von Maschinen- Allgemeine Gestaltungsleitsätze- Risikobeurteilung und Risikominderung"
  • DIN EN ISO 13849-1 "Sicherheit von Maschinen- Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen"
  • DIN EN ISO 13850 "Sicherheit von Maschinen- Not-Halt-Funktion – Gestaltungsleitsätze"

1 Grundbegriffe

Die Gesamtheit von Maschinen beschreibt den Fall, dass unterschiedliche Teilmaschinen und Anlagenteile von u. U. verschiedenen Herstellern zu einer Gesamtanlage angeordnet, verknüpft und bedient werden sollen.

Im Zusammenhang mit dem Begriff der "Gesamtheit von Maschinen" sind einige weitere Begriffe zu erläutern:

Verkettete oder komplexe Anlagen können z. B. sein:

  • Teile einer Fertigungslinie,
  • Maschinenanlagen in der Metallverarbeitung,
  • Montageanlagen in der Automobilindustrie,
  • Papiermaschinen,
  • Getränkeabfüllanlagen.

Geringfügig verkettete Maschinen sind solche Anlagen, bei denen durch die Verknüpfung keine oder nur geringfügige Gefährdungen an den Schnittstellen/Übergabepunkten entstanden sind.

Schnittstellen an verketteten Anlagen sind Bereiche zwischen Teilmaschinen bzw. die entstandenen Übergabepunkte, z. B. durch die Verbindung von Teilmaschinen mittels Transporteinrichtungen, wie z. B. Bandanlagen.

2 Wann werden mehrere miteinander verbundene Teilmaschinen zu einer Gesamtheit von Maschinen?

Mit dem Interpretationspapier des BMAS und der Länder zum Thema "Gesamtheit von Maschinen" vom 10.3.2006 (Az: IIIb6-39607-3) hat das seiner Zeit federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Grundlage geschaffen, wie mit dem Thema "Verkettete Anlagen" i. S. des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes (GSPG) umgegangen werden soll. Damit eine Gesamtheit von Maschinen i. S. von 2006/42/EG vorliegt, müssen alle der nachfolgenden Kriterien erfüllt sein (Abb. 1):

  • Räumlicher Zusammenhang,
  • Funktionale Verknüpfung,
  • Steuerungstechnische Verknüpfung und
  • Sicherheitstechnische Verknüpfung.

Abb. 1: Entscheidungshilfe, ob eine verkettete Anlage/Maschine vorliegt[1]

Sind alle diese Merkmalle erfüllt, muss auf die entsprechende Gesamtheit von Einzelmaschinen die Richtlinie 2006/42/EG angewendet und eine Konformitätserklärung mit zugehöriger CE-Erklärung für die Gesamtanlage abgegeben werden.

[1] Quelle: Interpretationspapier BMAS, Az: IIIb6-39607-3.

2.1 Räumlicher Zusammenhang

Der räumliche Zusammenhang ergibt sich i. d. R. durch die zusammenhängende Anordnung der Einzelmaschinen in einem Raum oder Gebäudeteil. Liegt kein räumlicher Zusammenhang vor, ist 2006/42/EG auf die Gesamtheit der Maschinen nicht anzuwenden.

2.2 Funktionale Verknüpfung

Funktionale Verknüpfungen liegen vor, wenn Teilmaschinen so zusammenwirken, dass sie funktionstechnisch eine Einheit bilden und dadurch auf ein gemeinsames Produktionsziel ausgerichtet sind. Das kann z. B. notwendige vorbereitende Handlungen, die eigentliche Bearbeitung oder den Herstellungsvorgang umfassen und evtl. noch die Verpackung bis zum Aufstapeln der Produkte auf Paletten betreffen.

Um zu entscheiden, ob eine funktionale Verknüpfung der Teilmaschinen i. S. einer Gesamtanlage vorliegt, sind folgende Fragen zu beantworten:

  • Liegt produktionstechnisch gesehen ein gemeinsames Ziel vor?
  • Liegt eine funktionale Verknüpfung vor?

Können beide Fragen mit "Nein" beantwortet werden, liegt keine Gesamtheit von Maschinen vor.

2.3 Steuerungstechnische Verknüpfung

Steuerungstechnische Verknüpfungen liegen vor, wenn Teilmaschinen durch eine übergeordnete Steuerung oder gemeinsame Befehlseinrichtungen miteinander verknüpft sind.

Kann eine oder können beide Fragen aus Abschn. 2.2 mit "Ja" beantwortet werden, ist eine funktionale Verknüpfung der Teilmaschinen vorhanden und es sind folgende weitere Untersuchungen notwendig:

  • Liegt eine steuerungstechni...

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