Die Einsatzzeitenberechnung für Betriebsärzte erfolgt rechtskonform nach den Vorgaben der DGUV-V 2. Die recht komplexen Vorgaben lassen sich kurz so zusammenfassen:

Die Gesamteinsatzzeit für Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit setzt sich zusammen aus:

Grundbetreuungszeit

Diese wird branchenabhängig ermittelt. Dafür greift die DGUV-V 2 auf die Branchen-zugeordneten WZ-Kodes zurück, die in der deutschen amtlichen Statistik gebräuchliche "Klassifikation der Wirtschaftszweige". Diese sind in der DGUV-V 2 jeweils einer von 3 Betreuungsgruppen zugeordnet, nach denen gefährdungsabhängig pro Jahr und Beschäftigtem zwischen 0,5 und 2,5 Einsatzstunden vorgesehen sind. Die so ermittelten Grundbetreuungszeiten können nach Bedarf zwischen den beiden Professionen aufgeteilt werden, wobei jede Profession mindestens 20 % der Einsatzzeit bzw. mind. 0,2 Stunden pro Beschäftigtem und Jahr leisten muss. In der Grundbetreuungszeit sind fortlaufend bzw. regelmäßig wiederkehrende Aufgaben abzuarbeiten. Bezogen auf den Betriebsarzt sind das z. B.:

  • Beratung zur Gefährdungsbeurteilung,
  • Teilnahme an Begehungen und Unterweisungen,
  • Teilnahme an ASA-Sitzungen,
  • Beratung von Führungskräften bei deren Wahrnehmung von Arbeitsschutzpflichten,
  • Beratung von Mitarbeitern bei arbeitsplatzbezogenen Gesundheitsfragen,
  • Analyse zur Prävention von Unfällen und Berufskrankheiten.

Betriebsspezifische Betreuung

Hier werden ergänzende Einsatzzeiten im Einzelfall und nach Bedarf ermittelt, abhängig davon, was die betriebliche Situation erfordert. Beratungsbedarf wird z. B. ausgelöst durch:

  • besondere, komplexe Arbeitsschutzrisiken, wie z. B. Strahlenschutz oder Auslandseinsätze,
  • arbeitsmedizinische Vorsorgen,
  • (Weiter-)Entwicklung eines Gesundheitsmanagementsystems,
  • neu eingeführte Arbeitsverfahren oder Abteilungen, neue Betriebsgebäude,
  • gesundheitsfördernde Maßnahmen, Gesundheitstage usw.

Meistens leistet der Betriebsarzt nicht die gesamte aus Grund- und betriebsspezifischem Betreuungsbedarf ermittelte Einsatzzeit in den Räumen des Betriebs und spezifisch nur für diesen ab. Es ist üblich und behördlich akzeptiert, dass eine bestimmte Quote von z. B. 60 oder 80 % vereinbart wird, mit der der Arzt tatsächlich nur für diesen Betrieb zur Verfügung steht. Daraus ergibt sich dann die Stundenanzahl, mit der der Arzt tatsächlich konkret vor Ort "verplant" werden kann. Dabei werden i. d. R. die durchzuführenden Vorsorgen, die der betriebsspezifischen Betreuung zugeordnet sind, separat nach GOÄ ab- und nicht in das Stundenkontingent eingerechnet.

 
Achtung

Betriebsärztemangel

Wenn für alle in Deutschland vorhandenen Arbeitsplätze eine Regelversorgung durch Betriebsärzte wie vorgesehen umgesetzt worden wäre, hätten die Kapazitäten an Betriebsärzten bereits in den vergangenen Jahrzehnten niemals ausgereicht. Verschärfend kommt aktuell aber hinzu, dass

  • viele Arbeitsmediziner mit der Entwicklung des rechtlichen Umfelds zur arbeitsmedizinischen Beratung von Betrieben in den vergangenen Jahrzehnten in das Fachgebiet eingestiegen sind. Sie stehen in Zukunft aus Altersgründen nicht mehr zur Verfügung;
  • aktuell und absehbar mindestens in den kommenden 10 Jahren in Deutschland allgemein deutlich zu wenig Ärzte zur Verfügung stehen. Weil die Fachrichtung Betriebsmedizin i. d. R. keine Erstwahl von Studienabsolventen ist und die kurativen Fachgebiete bevorzugt werden, wirkt sich der Mangel hier besonders gravierend aus. Und weil in Zeiten der Unterversorgung alle medizinischen Einrichtungen bemüht sind, attraktive Arbeitsbedingungen für Ärzte anzubieten, zählt auch einer der Hauptvorteile des Fachgebietes, die geregelten Arbeitszeiten ohne Wochenenddienst, nicht mehr so stark wie früher.

Betriebe werden also immer mehr feststellen, dass eine langjährig konstante und bezahlbare Regelbetreuung durch einen erfahrenen Arbeitsmediziner nicht mehr so zuverlässig realisierbar ist wie in vergangenen Jahren. In Abhängigkeit von Größe und Lage des Betriebs kann es schwierig sein, überhaupt Anbieter zu finden. Daher ist es zunehmend wichtig, genau zu planen, für welche Fragen und Aufgaben unverzichtbar ein Arbeitsmediziner benötigt wird – und was ggf. auch von anderen Fachleuten qualifiziert übernommen werden kann.

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