Viren gelten im arbeitsschutzfachlichen Sinn als biologische Arbeitsstoffe. Damit unterliegen Tätigkeiten mit dem Virus, egal ob gezielt oder nicht gezielt, der Biostoffverordnung. Hier werden an den Arbeitgeber Anforderungen an die Beurteilung der Gefährdungen für die Beschäftigten und die Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen gestellt. Voraussetzung für diese Beurteilung ist das Wissen um die Gefährlichkeit der jeweiligen Biostoffe. Deshalb werden Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten in Risikogruppen eingeteilt. Aus der Risikogruppe ergibt sich die Schutzstufe und damit auch der Umfang der notwendigen Schutzmaßnahmen.

Die Einteilung der Stoffe wird grundsätzlich europaweit einheitlich im Anhang III der Biostoffrichtlinie (Richtlinie 2000/54/EG) vorgenommen. Seit ihrer Erstveröffentlichung wurde die Richtlinie, insbesondere auch der Anhang III, im Jahre 2019 grundlegend aktualisiert (Richtlinie (EU) 2019/1833).

Außerdem wurde durch die Richtlinie (EU) 2020/739 das Coronavirus SARS-CoV-2 in die Liste der biologischen Arbeitsstoffe, die bekanntermaßen Infektionskrankheiten beim Menschen hervorrufen, aufgenommen.

Im Fall einer Pandemie, also beim Auftreten eines neuen Virus, kann auch eine kurzfristigere Einstufung notwendig sein. Diese wird im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch den Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) vorgenommen. Dieser Ausschuss veröffentlicht seine Beschlüsse i. d. R. über die Internetseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Hier finden sich dann auch Empfehlungen für spezielle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch Influenzaviren. Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie gezeigt, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) eine wichtige beratende Rolle für das Bundesgesundheitsministerium einnimmt.

 
Wichtig

Empfehlungen des ABAS zum Coronavirus

Der ABAS hat das Coronavirus (SARS-CoV-2) mit Beschluss vom 19.2.2020, aktualisiert am 8.12.2020, in Risikogruppe 3 nach § 3 Biostoffverordnung eingestuft, also als "Biostoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich". Der Grund dafür ist, dass das Virus durch die Inhalation von Aerosolen sowie durch den Kontakt mit Schleimhäuten (Nase, Mund, Augen) übertragen werden kann. Diese Einstufung in die Risikogruppe 3 wurde im Juni 2020 dann auch in die EU-Biostoffrichtlinie aufgenommen.

Aus Sicht des ABAS ist der Umgang mit SARS-CoV-2 und damit infizierten Personen in Bereichen, in denen Beschäftigte berufsbedingte Kontakte mit dem Virus haben könnten (z. B. Arztpraxen, Labore, Krankentransport) durch die vorhandenen Arbeitsschutzbestimmungen geregelt. Dies sind insbesondere die TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" und die TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege". Ergänzend enthält der ABAS-Beschluss 609 Maßnahmen, die sich auf den Umgang mit anderen luftübertragbaren Erregern der Risikogruppe 3, zu denen auch SARS-CoV-2 gehört, übertragen lassen. Der ABAS hat mit seinem Beschluss 06/2020, der später aktualisiert wurde, die wesentlichen Regelungen bzw. Maßnahmen im Zusammenhang mit der Probenahme und Diagnostik von SARS-CoV-2 zusammenfassend dargestellt.

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