Zwar gilt für die Niederlassungen internationaler Unternehmen auf deutschem Boden das deutsche Arbeitsschutzrecht uneingeschränkt, sodass es keine pauschalen Ausnahmen von geltenden Bestimmungen für solche Betriebe gibt. Es ist aber in der Praxis doch so, dass Aufsichtsbehörden sehr wohl nachvollziehen, dass internationale Betriebe, erst recht, wenn ihre Geschäftssprache nicht deutsch ist und/oder der unternehmenskulturelle Hintergrund ein ganz anderer ist, andere als die in Deutschland üblichen Strukturen und Denkansätze im Arbeitsschutz pflegen. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll und praktikabel, im Kontakt mit Aufsichtsbehörden nach Möglichkeit weniger formale Fragen in den Vordergrund treten zu lassen, sondern konkrete Ziele und Handlungsschritte abzustimmen, die den Stand von Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen verbessern. Dadurch ist es für Aufsichtsbehörden erkennbar, dass das Unternehmen ein ehrliches Interesse am Wohlergehen der Beschäftigten hat, und der Unternehmensseite fällt es leichter, solche Projekte mit den Konzernstrategien und operativen Abläufen in Einklang zu bringen.

Es ist empfehlenswert, dass internationale Unternehmen von sich aus den Kontakt zu Aufsichtsbehörden suchen, z. B. wenn betriebliche Veränderungen anstehen oder arbeitsschutzbezogene Fragen auftreten. Auf diese Weise ist es möglich, dass beide Seiten einander ohne hinderlichen Druck kennen und einschätzen lernen. Bei den mehr oder weniger spontanen Besuchen, die Aufsichtsbehörden von sich aus vornehmen, ist es besonders für nicht deutschsprachige Vertreter von Unternehmensleitungen nicht einfach, Anlass und Zweck des Kontaktes richtig einzuordnen, sodass es leicht zu Kommunikationsproblemen und Missverständnissen kommen kann.

 
Praxis-Beispiel

Ausbildungsqualifikationen abgleichen

Für bestimmte Funktionen im Arbeitsschutz wie Fachkraft für Arbeitssicherheit, Ersthelfer oder Brandschutzhelfer gibt es verbindliche konkrete Ausbildungsvoraussetzungen. Mitarbeiter von internationalen Unternehmen haben ähnliche Qualifikationen ggf. im Ausland erworben und sind innerhalb des Konzerns vielleicht schon jahrelang in einem solchen Themenbereich zuhause – manchmal mit mehr Einsatz, als das in Deutschland üblicherweise der Fall ist. Allerdings werden die Ausbildungsstandards im Detail abweichend sein.

Das starre Festhalten an deutschen "Zulassungskriterien" ist hier nicht hilfreich, erst recht dann nicht, wenn die Mitarbeiter internationaler Unternehmen, wie es häufig der Fall ist, in relativ kurzen Intervallen den Einsatzort wechseln oder alternierend in verschiedenen Ländern eingesetzt werden. Es ist dann z. B. nicht nachvollziehbar, dass neben einer qualifizierten niederländischen oder englischen Ersthelferausbildung auch noch eine deutsche erforderlich ist, um als Ersthelfer in der deutschen Niederlassung geführt zu werden. Natürlich ist es wichtig, dass vor allem die Fachkraft für Arbeitssicherheit spezifische Kenntnisse des deutschen Arbeitsschutzsystems hat bzw. erwirbt. Es sollte aber z. B. in Absprache mit den Aufsichtsbehörden ein Weg gesucht werden, dass die Tätigkeit qualifizierter ausländischer Experten, die den Konzernarbeitsschutz gut kennen und vertreten können, auf die Einsatzzeiten nach DGUV Vorschrift 2 angerechnet werden kann, auch ohne formellen deutschen Fachkundenachweis.

 
Wichtig

Weiterführende Informationen

Internetseite der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung:

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