Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass in umschlossenen Räumen mit dem Auftreten von Gefahrstoffen oder Sauerstoffmangel zu rechnen ist, muss die Gaskonzentration mit geeigneten Messverfahren bestimmt werden (Freimessen), Das sind i. d. R. kontinuierliche Messungen mit direkt anzeigenden Mehrfachmessgeräten. Der Arbeitgeber darf dafür nur Personen einsetzen, die über die nötige Sachkunde verfügen, also

  • die Arbeitssituation und die Eigenschaften der zu messenden Gefahrstoffe einschätzen können und
  • sich mit den Messgeräten und -verfahren auskennen.

Die Messung muss von einem gesicherten Standort aus durchgeführt werden (i. d. R. von oben an der Einstiegsöffnung). Das Messgerät muss also über eine Vorrichtung verfügen, um Messungen auf der Schachtsohle von oben durchführen zu können. Wenn das nicht möglich ist, muss bei einem Einstieg auf jeden Fall von einer gefahrdrohenden Atmosphäre ausgegangen und die entsprechenden Schutzmaßnahmen ergriffen werden (Abschn. 4.2.1 DGUV-R 103-003 sowie Abschn. 3.8.3 DGUV-R 103-602).

 
Achtung

Schriftliche Dokumentation

Dokumentieren Sie Messergebnisse, die auf gefährliche Atmosphäre hinweisen, immer schriftlich!

Gefahren in umschlossenen Räumen sollten möglichst dadurch beseitigt werden, dass vor Beginn von Einstiegsarbeiten Abwasser abgelassen bzw. abgepumpt wird und Ablagerungen ausgespült werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade in solchen Arbeitssituationen unter Umständen gefährliche Konzentrationen von Faulgasen auftreten können (Abschn. 4.2.2 DGUV-R 103-003).

Zu- und Abflüsse, aus denen Gefahrstoffe in einen umschlossenen Raum gelangen könnten, müssen wirksam abgetrennt werden, z. B. durch Abmauern, Abschieber oder Hilfsabsperrungen wie Blasen (Abschn. 4.2.3 DGUV-R 103-003).

Grundsätzlich soll vor und während den Arbeiten durch natürliche oder technische Lüftung sichergestellt werden, dass es nicht zu einer gefährlichen Atmosphäre im umschlossenen Raum kommen kann. Ausschlaggebend für die erfolgreiche Belüftung ist die erneute bzw. wiederholte Messung.

Als Richtwerte gelten nach DGUV-R 103-003:

  • ein Sauerstoffgehalt von 20,9 %. Gefährlich kann sowohl eine Unterschreitung (durch Auftreten von erstickenden oder giftigen Gasen) als auch eine Sauerstoffanreicherung (durch Fehler an Sauerstoffdosiereinrichtungen) sein.
  • Konzentration brennbarer Gase unter 10 % UEG.
  • Arbeitsplatzgrenzwerte gesundheitsschädlicher Gase.
 
Praxis-Tipp

Messgeräte überprüfen

I. d. R. sind die Anzeige- und Alarmfunktionen der Messgeräte auf entsprechende Grenzwerte eingestellt. Insbesondere bei älteren Messgeräten müssen sie aber nicht exakt mit den Vorgaben der DGUV-R 103-003 übereinstimmen. Im Zweifel sollte das anhand der Herstellerangaben überprüft werden.

Natürliche Lüftung ist möglich und kann gesteigert werden, indem Schachtabdeckungen usw. geöffnet werden. Der Effekt ist allerdings schwer zu beurteilen. Er hängt von Witterungsbedingungen, Boden- und Lufttemperaturen und vielen weiteren Faktoren ab.

Technische Lüftung ist in abwassertechnischen Anlagen i. d. R. als Druckbelüftung (Frischluft zur Arbeitsstelle hin) zu verstehen. Saugende Entlüftung ist u. U. nicht effektiv, wenn gasbelastete Luft aus anderen Bereichen nachgezogen wird. Außerdem müssen Sauggebläse generell ex-geschützt ausgelegt sein. Technische Lüftung muss

  • bei Kanälen einen Mindestluftstrom von 600 m³ pro Stunde und m² Kanalquerschnitt und
  • bei sonstigen Bauwerken einen 6–8-fachen Luftwechsel pro Stunde erzeugen.

Reiner Sauerstoff oder mit Sauerstoff angereicherte Luft darf zur Belüftung aus Brandschutzgründen nicht verwendet werden (Abschn. 4.2.4 DGUV-R 103-003).

Wenn die erforderliche Luftzusammensetzung nicht durch Lüftung erzielt werden kann, muss mit Atemschutz "unter Gas" gearbeitet werden. Das ist in der Praxis die absolute Ausnahme und erfordert i. d. R. eine gesonderte Erlaubnis. Besonders Arbeiten in umschlossenen Räumen beim Vorhandensein explosionsfähiger Atmosphäre sind in der Praxis für kaum einen Abwasserbetrieb sicher durchführbar, weil dann sämtliches Werkzeug und Schutzausrüstung explosionsgeschützt ausgeführt sein müsste, was den Aufwand noch einmal beträchtlich erhöht. Die DGUV-R 103-003 sieht dazu recht praxisfern vor, dass solche Arbeiten "grundsätzlich zu vermeiden" sind. Sie sollen nur unter bestimmten Bedingungen ausgeführt werden dürfen, "z. B. zur Rettung von Versicherten", dann aber von besonders unterwiesenem Personal mit entsprechendem Werkzeug und Persönlicher Schutzausrüstung. Das dürfte gerade im Notfall kaum realisierbar sein (Abschn. 4.4 DGUV-R 103-003).

Bei der Verwendung von Atemschutz muss darauf geachtet werden, dass sich keine zusätzlichen Risiken durch die gleichzeitige Verwendung von Schutzausrüstung gegen Absturz (Sicherheitsgeschirre, Seile) ergeben (z. B. Herunterreißen von Atemschutzmasken durch Seile).

Wenn bei Einstiegsarbeiten in Räume von mehr als 5 m Tiefe die Seilsicherung gelöst werden muss und/oder bei erschwerten Fluchtwegen muss statt eines Selbstretters ein frei tragbares umgebung...

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