Geänderte Arbeitsbedingungen und neue Arbeitsweisen erfordern auch eine andere Form der Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten und ihren Vorgesetzten. Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter nicht mehr täglich face-to-face erleben, müssen sie anders kommunizieren, anweisen und die Leistungserbringung kontrollieren und steuern. Auch Beschäftigte müssen umdenken, wenn sie mit ihren Vorgesetzten nur auf Distanz Kontakt haben. Mitarbeiter sind nun selbst verantwortlich für die Organisation ihrer Arbeit und das Arbeitsergebnis.

Für die Führungskraft haben die geänderten Rahmenbedingungen zur Folge, dass sie Mitarbeiter aufgrund der räumlichen und zeitlichen Entgrenzung nur auf Distanz führen und nur indirekt steuern können. Sie müssen überlegen, wie sie Aufgaben delegieren, Leistungen kontrollieren, wie und wann sie kommunizieren und Feedback geben. Auch bei primär virtuellem Kontakt müssen sie motivieren, Arbeitsleistungen einfordern und Arbeitszufriedenheit herstellen.

Damit dies gelingen kann, bedarf es flexibler Steuerungs- und Personalführungsinstrumente. Methoden zur indirekten Leistungssteuerung sind beispielsweise

  • Führen über Ziele (Management by Objectives),
  • Zielvereinbarungs- und Personalentwicklungsgespräche,
  • Anreizsysteme (z. B. leistungsorientierte Bezahlung, Prämien, Boni, Provisionen),
  • Vertrauensarbeitszeit,
  • Spiegelung der Arbeitsleistung durch Feedbackprozesse (z. B. Kundenzufriedenheit).

Diese Instrumente sind seit Längerem bekannt, gewinnen in der Arbeitswelt 4.0 jedoch eine zunehmende Bedeutung. Es ist zu erwarten, dass die Kombination aus diesen Personalsteuerungsmöglichkeiten zur Zufriedenheit aller Beteiligten beiträgt: Zielvereinbarungsgespräche mit Vereinbarungen von (langfristigen) Leistungszielen, die durch Kennzahlen (z. B. Feedbacks) operationalisierbar werden. Flankiert wird dieses Steuerungsinstrument durch Anreizsysteme.

Neu für Führungskräfte bei der indirekten Steuerung von Mitarbeitern oder dem Führen auf Distanz ist, dass sie den Arbeitsprozess nicht mehr unmittelbar begleiten, sondern nur noch das Ergebnis (= den Erfolg) bewerten und nicht mehr die Leistung (= den Aufwand).[1]

Als Fazit kann man Führung in einer digitalen Arbeitswelt als eine Umkehrung der normalen Hierarchieebenen sehen, welche die tradierte Führungskultur völlig auf den Kopf stellt:

  • Der Vorgesetzte ist Dienstleister für die Mitarbeiter und deren Personalentwickler.
  • Er ermöglicht es, den Mitarbeitern ihr Potenzial zu entfalten.
  • Führungskräfte werden von Befehlsgebern zu Moderatoren.
  • Sie schaffen Rahmenbedingungen, damit sich Mitarbeiter innerhalb und außerhalb des Unternehmens optimal vernetzen können.

Digitalisierung ist Vernetzung und Netze zeichnen sich durch Knotenpunkte aus – und nicht durch Stufen. An diesen Knotenpunkten werden Ideen, Wissen und Informationen ausgetauscht und es treffen sich gleichberechtigt Mitarbeiter, Zulieferer, Kunden und Unternehmer.[2]

 
Praxis-Tipp

Mitarbeiterführung 4.0

  • Die Führungskraft sollte regelmäßigen Kontakt zu Mitarbeitern halten, die nicht im Unternehmen präsent sind (via E-Mail, Telefon, Telefonkonferenzen).
  • Ein regelmäßiger Austausch über den Fortschritt der Arbeit, aber auch über Schwierigkeiten oder Zeitverzögerungen muss gewährleistet sein.
  • Die virtuelle Kommunikation sollte persönliche Gespräche nicht ersetzen.
  • Bei Bedarf müssen persönliche Gespräche jederzeit möglich sein.
  • Ein Jour-fixe im Unternehmen für alle Telearbeiter und Crowdworker fördert den Austausch untereinander und mit den Präsenz-Kollegen.
  • Art und Weise der Zusammenarbeit müssen abgestimmt werden: Welche Aufgaben werden übernommen, welche Ergebnisse werden bis wann erwartet, wie werden Zwischenergebnisse rapportiert und bewertet?
  • Gemeinsam werden die Rahmenbedingungen für das selbstbestimmte Arbeiten abgestimmt: Arbeitsorte, Arbeitszeiten, Zeiten für Erreichbarkeit versus Nicht-Erreichbarkeit.
  • Technisches Equipment (geeignete Hard- und Software, mobile Endgeräte) müssen bereitgestellt werden, um auch unterwegs und ortsunabhängig in den Kommunikationsfluss eingebunden zu sein.
  • Arbeitssicherheitsstandards müssen sichergestellt sein.
[1] Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: Neue Formen der Arbeit. Neue Formen der Prävention. Arbeitswelt 4.0: Chancen und Herausforderungen, Berlin 2016, https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3112 (Abrufdatum: 1.5.2023).

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