Zusammenfassung

 
Überblick
  • Beschäftigte auf Baustellen sind im Vergleich zu anderen Branchen einem erheblich höheren Unfall- und Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Die Unfallquoten betragen mehr als das Doppelte des Durchschnitts anderer Wirtschaftszweige. Bemerkenswert ist dabei das große Aufkommen an schweren oder tödlichen Unfällen.
  • Eine Untersuchung durch die EU-Kommission ergab, dass die Abstimmung der Unternehmen bei gleichzeitigen Arbeiten am entstehenden Bauwerk zur Vermeidung von gegenseitigen Gefährdungen und zur Einrichtung und Nutzung gemeinsamer Schutzmaßnahmen besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Daher wurde durch die EU eine spezielle Baustellenrichtlinie verabschiedet, die durch die Baustellenverordnung in deutsches Recht überführt wurde.
  • Die Baustellenverordnung richtet sich an die Bauherren und verpflichtet diese, zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der auf Baustellen Beschäftigten, für festgelegte Bauvorhaben einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator zu bestellen.
  • Durch die Baustellenverordnung werden Bauherren in eine für sie bislang neue Verantwortung für Sicherheit und Gesundheitsschutz gestellt. Sie müssen als Garanten für Arbeitnehmer und Selbstständige Fürsorgepflichten hinsichtlich der Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Bauarbeiten wahrnehmen.
  • Die Tätigkeit eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators soll die Anwendung der Grundsätze des Arbeitsschutzes in der Koordination mehrerer Auftragnehmer gewährleisten.
  • Daher muss der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator bereits in der Planung der Ausführung aktiv werden und die Anwendung der Maßnahmen des Arbeitsschutzes in die Vorbereitung der Bauausführung hineintragen. Genauso ist bereits in der Ausführungsplanung der baulichen Anlage ihre spätere Instandhaltung unter dem Gesichtspunkt der gefahrfreien Durchführung zu berücksichtigen.
  • In der Ausführungsphase muss der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator auf die Umsetzung der Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Vermeidung gegenseitiger Gefährdungen und zur Koordinierung der gemeinsam zu nutzenden sicherheitstechnischen Einrichtungen hinwirken.
  • Diese Tätigkeit erfordert eine Reihe von Kenntnissen und Fähigkeiten aus der Bau- und Sicherheitstechnik sowie besondere Persönlichkeitseigenschaften, damit die Anforderungen aus der Verordnung erfüllt werden können.
  • Dem Bauherrn ist daher anzuraten, sich rechtzeitig um die Bestellung eines geeigneten Koordinators zu kümmern und diesem die erforderliche Unterstützung zu gewährleisten.

1 Details

1.1 Definitionen

Die Baustelle im Sinne der Baustellenverordnung (BaustellV) ist der Ort, an dem ein Bauvorhaben ausgeführt wird. Ein Bauvorhaben ist das Vorhaben, eine oder mehrere bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder abzubrechen.

Weitere Definitionen sind i. d. R. zum Arbeitsschutz auf Baustellen "RAB 10 Begriffsbestimmungen" zusammengestellt.

1.2 Hintergrund

Als die Baustellenverordnung in Kraft gesetzt wurde, trat die Frage auf, warum die Bauherren als Normadressaten für eine Rechtsvorschrift zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes angesprochen werden. In der Begründung der Bundesregierung zur Baustellenverordnung heißt es zu diesem Aspekt: "Als Veranlasser eines Bauvorhabens trägt der Bauherr die Verantwortung für das Bauvorhaben. Deshalb ist er zur Einleitung und Umsetzung der in der Baustellenverordnung verankerten baustellenspezifischen Arbeitsschutzmaßnahmen sowohl bei der Planung der Ausführung eines Bauvorhabens als auch bei der Koordinierung der Bauausführung verpflichtet".[1]

Insbesondere sollte erreicht werden, dass bereits bei der Vorbereitung der Bauarbeiten die Planung und Organisation unter dem Blickwinkel der gefahrfreien Zusammenarbeit und gemeinsam zu nutzender Sicherheitseinrichtungen erfolgt. Dies ergab sich aus der Feststellung der EU-Kommission zu Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen, dass die Ursachen für tödliche Baustellenunfälle zu 28 % auf mangelhafte Organisation der Zusammenarbeit der Unternehmer und zu 35 % auf Planungsfehler zurückzuführen waren. Fast zwei Drittel der Unfallursachen hätten sich also bereits im Vorfeld der Bauausführung positiv beeinflussen lassen.

In den Jahren seit 1995 erfährt die deutsche Bauwirtschaft infolge sich verändernder Rahmenbedingungen einen tiefgreifenden Anpassungsprozess. Dieser führt zu einem bisher so noch nicht da gewesenen Strukturwandel. In einem Forschungsbericht zur Wirksamkeit der Baustellenverordnung wurde ausgesagt, dass diese Entwicklungen sich "nicht förderlich für eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten auf Baustellen"[2] erwiesen haben.

Nach wie vor bestehen also die Ursachenkomplexe für die erheblichen Unfall- und Gesundheitsrisiken der auf Baustellen Beschäftigten in Form von:

  • sich ständig ändernden Arbeitsbedingungen;
  • Witterungseinflüssen;
  • Kosten- und Termindruck;
  • Nebeneinander- oder Nacheinanderarbeiten von Beschäftigten verschiedener Arbeitgeber.

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