Eine Alternative für die betriebliche Praxis ist, nach den konkreten sieben goldenen Regeln vorzugehen, die aus dem Bergbau entwickelt wurden und inzwischen über die IVSS in Publikationen, Seminaren, Veranstaltungen usw. weltweit verbreitet werden. Ihnen liegt das nachfolgende Konzept zugrunde, das bei systematischer Betrachtung alle 6 in Abschn. 5.1 geschilderten Handlungsfelder zur Präventionskultur aufgreift. Sie wurden von Ehnes[1] beschrieben und in einer direkten betrieblichen Ansprache formuliert. Deshalb stellen sie eine gute Alternative dar:

  1. Übernehmen Sie Führung – zeigen Sie Flagge!
  2. Ermitteln Sie systematisch alle Risiken und Gefahren!
  3. Erstellen Sie ein Programm zur Verbesserung der Sicherheit und setzen Sie sich überprüfbare Ziele!
  4. Sorgen Sie für eine wirksame Arbeitsschutzorganisation!
  5. Setzen Sie nur sichere, gesundheitsgerechte Technik ein!
  6. Investieren Sie in gute Ausbildung und sorgen Sie für Kompetenz der Beschäftigten!
  7. Investieren Sie systematisch in Beteiligung und Motivation der Belegschaft!

5.2.1 Goldene Regel Nr. 1: Übernehmen Sie Führung – zeigen Sie Flagge!

Diese Empfehlung nimmt das Management in die Pflicht. Wenn seitens des Unternehmers oder des Vorstands nicht klar signalisiert wird, welchen Stellenwert die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz im Unternehmen haben und was von Führungskräften aller Ebenen, aber auch von den Beschäftigten erwartet wird, verpuffen alle weiteren Maßnahmen. Es muss deutlich werden, dass Sicherheit die moralische Pflicht aller ist und als Unternehmenswert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Dabei verbleibt die Verantwortung letztlich beim Vorstand und den Führungskräften – sie kann nicht auf Experten delegiert werden. Zwar ist es sicher sinnvoll, im Unternehmensleitbild aufzuschreiben, dass Sicherheit im Zweifel Vorrang vor Förderung hat. Bedeutsamer aber ist es, dies glaubwürdig zu leben. Sicherheit sollte daher erster Tagesordnungspunkt bei allen Sitzungen sein, das TOP Management muss sich seiner Vorbildwirkung bewusst sein, die Regeln strikt einhalten und dies auch persönlich bei unsicherem Verhalten einfordern.

5.2.2 Goldene Regel Nr. 2: Ermitteln Sie systematisch alle Risiken und Gefahren!

In diesem Zusammenhang sollten mindestens 2 Wege beschritten werden: Zum einen fällt immer wieder auf, dass es noch immer viele Unternehmen gibt, die über das tatsächliche Arbeitsunfall- und Erkrankungsgeschehen nur unzureichend Kenntnis haben. Um diese Informationsquelle optimal zu nutzen, muss man z. B. sicherstellen, dass alle Ereignisse erfasst und gemeldet werden, möglichst auch Beinahe-Unfälle. Eine zu den wahren Ursachen führende Unfalluntersuchung gehört ebenso dazu wie eine Klassifizierung oder der Vergleich mit anderen. Die zweite Facette dieser Regel ist die umfassende Gefährdungsbeurteilung. Hier geht es darum, alle Risiken und Gefährdungen systematisch, vollständig und regelmäßig zu ermitteln, hinsichtlich ihrer Bedeutung zu beurteilen, geeignete Kontrollmaßnahmen festzulegen und die Umsetzung und Befolgung der Maßnahmen zu überwachen. Besonders wichtig ist es, die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig fortzuschreiben, die Bergleute selbst zu beteiligen und auch die "weichen" Faktoren, wie z. B. psychische Belastungen, einzubeziehen. Bei den ausgewählten Schutzmaßnahmen muss die richtige Rangfolge beachtet werden: es ist besser, die Gefahr durch Änderung des Arbeitsverfahrens zu eliminieren oder einen gefährlichen Stoff durch einen ungefährlichen zu ersetzen, als den Beschäftigten die Benutzung persönlicher Schutzausrüstung vorzuschreiben bzw. verhaltensbedingte Maßnahmen zu treffen.

5.2.3 Goldene Regel Nr. 3: Erstellen Sie ein Programm zur Verbesserung der Sicherheit und setzen Sie sich überprüfbare Ziele!

Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip bringen nichts. Sie sollten Prioritäten setzen und Schwerpunkte auswählen, um zu vermeiden, dass Ihre Investitionen verpuffen. Wichtig ist es, die Beschäftigten selbst und ihre Interessenvertreter von Anfang an mit einzubinden. Die Maßnahmen sollten die Handschrift des Unternehmens tragen und authentisch sein, umso glaubwürdiger und wirksamer sind sie. Gute innerbetriebliche Kommunikation ist, wie auch bei allen anderen Regeln, ein bedeutender Erfolgsfaktor. Auch hat es sich bewährt, Präventionsmaßnahmen in betriebliche Kampagnen mit Wiedererkennungswert einzubetten. Nicht jede Maßnahme muss mühevoll selbst erdacht werden – oftmals erleichtert die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, z. B. mit der Unfallversicherung, mit Industrieverbänden oder mit Fachverbänden die Sache. Effiziente Prävention ist ein stetiger Kreislauf eng verzahnter Maßnahmen. Transparente Kommunikation im Unternehmen treibt ihn an.

5.2.4 Goldene Regel Nr. 4: Sorgen Sie für eine wirksame Arbeitsschutzorganisation!

Da die meisten Arbeitsunfälle bei tiefgreifender Ursachenforschung nicht etwa auf technische Ursachen zurückzuführen sind, sondern auf organisatorische Mängel, muss einer klaren Organisation besondere Bedeutung beigemessen werden. Dies umfasst unter anderem Themen wie Übertragung von Unternehmerpflichten, klare Regelung der Verantwortungsbereiche, Sicherstellung der erforderlichen Kompetenzen, regelmäßige Sicherheitsgespräche und Unterweisung, Erste Hilfe für den Notfall, Sicherheit bei Beschaffun...

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