§ 15 ArbSchG beinhaltet, losgelöst von den Pflichten des Arbeitsgebers, nicht nur die arbeitnehmerseitige Verpflichtung zum Selbstschutz, sondern auch den Auftrag, für die Sicherheit und Gesundheit anderer Personen zu sorgen. Voraussetzung dafür ist aber wiederum ein Betroffensein von arbeitstypischen Handlungen bzw. Unterlassungen der Belegschaftsmitglieder. Zu den "Dritten" i. S. der gesetzlichen Vorgaben zählen nicht nur "betriebliche Dritte", d. h. Arbeitgeber, Führungskräfte und andere Mitarbeiter. "Dritte" sind auch Kunden. Lieferanten und andere Arbeitnehmer von Fremdfirmen, die z. B. als Handwerker zu Reparaturzwecken das Firmengelände betreten.

Dies kann bei sehr großen Verkehrsanlagen (Flughäfen, Seehäfen, Bahnhöfen) soweit gehen, dass sogar Personen schutzwürdige "Dritte" sind, die mit dem originären Zweck eines solchen Verkehrsknotenpunktes (eigene An- und Abreise oder die An- und Abreise von nahen Angehörigen) rein gar nichts zu tun haben, sondern nur aus touristischen Gründen ("Sightseeing") dort verweilen.

Abzulehnen ist in diesem Zusammenhang eine in der Literatur gelegentlich noch anzutreffende Auffassung, wonach die Schutzpflichten der Beschäftigten nur auf andere dem Betrieb angehörende Beschäftigte begrenzt sind, weil nach § 3 ArbSchG auch die arbeitgeberseitigen Schutzpflichten nur auf die Beschäftigten bezogen seien. Es wird argumentiert, dass den Beschäftigten nicht mehr Schutzpflichten aufzuerlegen seien, als dem Arbeitgeber selbst.[1]

Diese Meinung ist abzulehnen, weil sie verkennt, dass der Arbeitgeber betriebsexternen Dritten ja nicht völlig verpflichtungsfrei gegenübersteht, sondern die Drittschutzregelungen mit Anspruch an den Arbeitgeber sich z. B. aus der Zusammenarbeitsverpflichtung nach § 8 ArbSchG sowie aus den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten nach dem BGB ergeben.

Insofern besteht kein Anlass, den Kreis der sonstigen Personen nach § 15 ArbSchG allein am Maßstab des § 3 ArbSchG ausrichten und bemessen zu wollen. Das Gegenteil ist richtig.

[1] Butz in Kollmer/Klindt, Arbeitsschutzgesetz, 2. Aufl. 2011, § 15 Rdnr. 38 – 38a mit Hinweis auf Schmatz/Nöthlichs, Sicherheitstechnik, Rdnr. 4038 und Kittner/Pieper, Arbeitsschutzrecht, § 15 Rdnr. 10.

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