Bei der Verringerung der psychosozialen Belastungen haben die Führungskräfte eine Schlüsselrolle. Sie haben direkten Einfluss auf 3 wesentliche Bereiche der Arbeitsbedingungen:

  1. Anforderungen an die Mitarbeiter (z. B. Komplexität und Abwechslung),
  2. Stressoren (z. B. Überforderung durch zu große Arbeitsmenge),
  3. Ressourcen (z. B. Handlungsspielraum).

Führungskräfte können also Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich gestalten, indem sie einerseits Entwicklungsmöglichkeiten schaffen und für ein gutes Teamklima sorgen sowie andererseits gesundheitsschädliche Faktoren möglichst verringern oder beseitigen.

Außerdem wird davon ausgegangen, dass gesundheitsförderliche Mitarbeiterführung ("staff care") und gesundheitsförderliche Selbstführung ("self care") die Gesundheit positiv beeinflussen. Daher ist es wichtig, dass Führungskräfte nicht nur auf die eigene Gesundheit achten, sondern ihren Führungsstil möglichst gesundheitsförderlich gestalten.

In der arbeitswissenschaftlichen Forschung sind 4 verschiedene Wirkfaktoren von Führung auf Gesundheit erkannt worden:

  1. Direkte Wirkung des Führungsverhaltens, der Persönlichkeit der Führungskraft sowie der Qualität der Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern auf die Gesundheit.
  2. Indirekte Wirkung der Führung auf die Gesundheit, über die Art der Arbeitsgestaltung.
  3. Indirekte Wirkung über den Gesundheitszustand der Führungskraft: da Führungskräfte häufig selbst unter starker psychischer Belastung stehen, kann sich das Stresserleben der Vorgesetzten auf die Mitarbeiter übertragen ("Crossover-Effekt").
  4. Vorbildwirkung der Führungskräfte, z. B. im Hinblick auf den eigenen Umgang mit Stressbelastungen oder der Arbeitssicherheit. Auch ohne Worte sehen die Mitarbeiter, welche Art von Arbeitsstil oder Umgang mit Stress bei ihrem Vorgesetzten sozial erwünscht ist.

Es lohnt sich für Unternehmen also, beim Thema Führungsverhalten, Führungskräfteentwicklung und Führungsleitlinien immer das Thema Gesundheit miteinzubeziehen.

2.1 Gesundheitsförderliches Führen

Die Führungskräfte haben für das Teamklima und für die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter die Hauptverantwortung. Gleichzeitig stehen aber gerade die Führungskräfte selbst erheblich unter Stress und fordern sich oft selbst bis zu ihrer körperlichen und psychischen Leistungsgrenze – das Gleiche erwarten sie dann auch von den Mitarbeitern. Dadurch können die Gesundheit der Führungskräfte und auch das Klima im Team beeinträchtigt werden.

Es gibt verschiedene Führungsstile, die positiv auf die psychische Gesundheit der Mitarbeiter wirken, also das Wohlbefinden und die psychische Funktionsfähigkeit fördern. Diese Arten der Führung verhindern gleichzeitig eine schlechte psychische Gesundheit, d. h., es treten weniger psychische Symptome, Stress, Burnout und gesundheitliche Beschwerden auf.

Folgende Führungsstile gelten als gesundheitsförderlich:

  • transformationale Führung,
  • mitarbeiterorientierte Führung,
  • aufgabenorientierte Führung,
  • ethische/authentische Führung.

Auch eine gute Interaktion und Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern fördern die Gesundheit und verhindern Beschwerden.

Das "Vier-Ebenen-Modell gesundheitsförderlichen Führens" empfiehlt die in Tab. 4 beschriebenen Führungstechniken.[1]

 
Ziel- und aufgabenorientiert führen Mitarbeiterorientiert führen Arbeits- und Organisationsprozesse gestalten Gesundheitsförderliche Führungs- und Unternehmenskultur
  • Ziele setzen/vereinbaren
  • Umsetzung kontrollieren
  • Rückmeldung
  • Vorbild sein
  • aktivieren und ermutigen
  • einbinden und beteiligen
  • sozial und organisatorisch unterstützen
  • Mitarbeiter weiterbilden und entwickeln
  • persönliche Lebenssituation der Mitarbeiter berücksichtigen
  • wertschätzen
  • Zusammenarbeit gestalten
  • organisationelle Abläufe gestalten
  • Arbeitsbedingungen gestalten
  • für Transparenz und Informationsfluss sorgen
  • Vertrauensklima schaffen
  • Gesundheitsbewusstsein schaffen
  • kooperatives Handeln fördern
  • Fehler zugestehen und aus Fehlern lernen

Tab. 4: Vier-Ebenen-Modell gesundheitsförderlichen Führens nach Stadler/Spieß

Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Gestaltung des Führungsverhaltens ist das Verhindern und Sanktionieren destruktiver Führung. Unter destruktiver Führung wird ein aggressives und feindseliges Führungsverhalten verstanden.

 
Praxis-Beispiel

Destruktive Führung

  • unfreundlicher oder unhöflicher Umgangston der Vorgesetzten
  • unsachliche oder herabsetzende Kritik, noch verschlimmert, falls diese vor anderen geübt wird
  • Entziehen von Kompetenzen oder Aufgaben
  • ungerechte Behandlung, Bevorzugung bestimmter Mitarbeiter
  • Informationen vorenthalten
  • Ideen der Mitarbeiter als eigene ausgeben
  • cholerisches oder aggressives Auftreten
  • sexuelle Belästigung
  • Mitarbeiter bei Kritik von höheren Führungsebenen oder Kunden allein lassen und zu Sündenböcken machen

Destruktives Führungsverhalten führt zu einer schlechteren psychischen Gesundheit der Beschäftigten und beeinträchtigt deren Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Auch unzureichende und mangelnde Führungskompetenzen wirken wahrscheinlich schädlich auf die Mitarbe...

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