Auch im Bereich Gesundheitsförderung und Prävention lassen sich die Methoden des Nudging sinnvoll einsetzen. So lässt sich z. B. das Bewegungs- oder Essverhalten günstig beeinflussen.

 
Praxis-Beispiel

Treppe statt Aufzug

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lassen sich leichter zum Nutzen der Treppe anregen, wenn auf jeder Stufe ein Aufkleber die verbrauchten Kalorien anzeigt oder die Stufen in der Art von Klaviertasten angemalt sind.

Es gibt verschiedene Bereiche, in denen das Nudging im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung eingesetzt werden kann, z. B.

  • mehr Bewegung im Betrieb,
  • mehr Bewegung auf dem Weg zur Arbeit,
  • Einhalten von Pausen und Ruhezeiten,
  • unterstützendes Verhalten im Team, gutes Teamklima,
  • gesundheitsförderliches Führungsverhalten.

Es gibt sehr unterschiedliche Möglichkeiten, wie die Anreize gesetzt werden können. Hier sind Fantasie und Kreativität gefragt.

In einer Typologie von Nudging-Interventionen wurden drei Arten von Interventionen beschrieben:[1]

  1. Veränderung der Eigenschaften der Anreize
  2. Veränderung der Platzierung der Anreize
  3. Veränderung von Eigenschaften und Platzierung der Anreize
 
Wichtig

Ziele setzen

Bevor Nudges zur Gesundheitsförderung im Betrieb entwickelt werden, sollten immer möglichst präzise Ziele formuliert werden. So können z. B. eine bestimmte Rücklaufquote bei einer Mitarbeiterbefragung oder das korrekte Anlegen der Schutzkleidung als Ziele gesetzt werden.

Hilfreich für die passgenaue Entwicklung von Nudges im Betrieb ist das MINDSPACE-Gestaltungsmodell. Diesem Modell liegen wissenschaftliche Erkenntnisse darüber zugrunde, welche Faktoren menschliche Entscheidungen beeinflussen. Folgende Wirkmechanismen sollten berücksichtigt werden:

  • Absender des Nudges, der einen Einfluss nimmt (z. B. geschätzte Personen im Team als Modell für die gewünschte Verhaltensweise);
  • Anreize, die Motivation für die gewünschte Reaktion schaffen sollen;
  • Normen: dadurch starke Beeinflussung durch die Handlungen anderer (z. B. Information darüber, wie viel Prozent der Mitarbeitenden in der Kantine gesundes Essen wählen);
  • Standardregeln, voreingestellte Optionen (z. B. festgelegte Termine für Präventionskurse, die bewusst abgesagt werden müssen, wenn man nicht teilnehmen möchte);
  • Auffälligkeit (Salienz): Aufmerksamkeit wird auf die Nudges gelenkt, z. B. durch gut sichtbar platzierte Informationen;
  • Priming, Hervorhebung: die gewünschte Handlung wird durch unbewusste Hinweise beeinflusst;
  • Affekt;
  • Commitment, öffentliche Selbstverpflichtung;
  • Ichbezug, z. B. durch Steigerung des Selbstwertgefühls.

Am wirkungsvollsten ist in der Praxis die Kombination mehrerer Wirkmechanismen. Daher sollten Nudging-Programme sehr sorgfältig entwickelt werden. Aus Gründen der Transparenz und Akzeptanz sollten dabei immer Betroffene beteiligt werden. Sonst kann leicht der Eindruck von Heimlichkeit und Manipulation entstehen.

[1] Krisam/von Philipsborn/Meder (2017): Nudging in der Primärprävention: Eine Übersicht und Perspektiven für Deutschland, https://www2.mpib-berlin.mpg.de/meder/papers/Krisam_et_al_%202017_Nudging_Primary_Prevention.pdf

3.1 Beispiele für Nudging in der betrieblichen Gesundheitsförderung – Verhältnisprävention

Für viele Themenbereiche der Verhältnisprävention gibt es auch im Betrieb Einsatzmöglichkeiten für Nudging. Beispielsweise können über ein nicht-monetäres Bonussystem für Führungskräfte gesundheitsförderliche Verhaltensweisen "angestupst" werden. So könnte es für die Schaffung gesundheitsförderlicher Arbeitsbedingungen im eigenen Bereich einen Bonus geben. Als Standardregel könnte gelten, dass Führungskräfte einen Termin zu einem Training oder Coaching "Gesundheitsförderliche Führung" erhalten, den sie aber ablehnen können.

 
Achtung

Bonussystem

Ein Bonussystem, das geringe Fehlzeiten im Team der Führungskraft belohnt, setzt allerdings falsche Anreize. Die Vorgesetzten könnten versucht sein, auch mit ungesunden oder unfairen Mitteln eine geringe Fehlzeitenquote zu erreichen, um den Bonus zu verdienen.

Zur Verhältnisprävention gehören auch Maßnahmen wie gut erreichbare und attraktive Bewegungsmöglichkeiten, z. B. Tischkicker oder kleinere Sportgeräte in der Nähe der Arbeitsplätze. Viele Firmen stellen bereits kostenlos Trinkwasser und Obstkörbe zur Verfügung. Wenn Arbeitsplätze ergonomisch eingerichtet werden, sollten sie so leicht zu bedienen sein, dass z. B höhenverstellbare Schreibtische auch genutzt werden.

Besonders gut geeignet für die Verhältnisprävention im Unternehmen sind die Standardregeln, die immer dann automatisch eintreten, wenn jemand keine bewusste Entscheidung trifft. So kann z. B. das Treppenhaus leichter erreichbar und besser sichtbar sein als der Aufzug.

3.2 Beispiele für Nudging in der betrieblichen Gesundheitsförderung – Verhaltensprävention

Die persönliche Schutzausrüstung zur Verhinderung von Arbeitsunfällen wird eher genutzt, wenn sie bequem, sauber und attraktiv ist (Eigenschaften des Anreizes). Daneben spielt auch die Platzierung eine Rolle – die Ausrüstung sollte immer dort griffbereit liegen, wo sie benötigt wird.

Die Teilnahmequote an Gesundheitskursen im Betrieb steigt deutlich, wenn die Angebote innerhalb der Arbeitszeit liegen. Auch schon kleine Belohnun...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Arbeitsschutz Office Professional. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge