Zusammenfassung

 
Überblick

Digitalisierung und Industrie 4.0 sind Begriffe und Entwicklungen, die in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt gerückt sind. Die Arbeitswelt und die Gesellschaft werden sich dadurch vermutlich stärker verändern, als wir uns heute vorstellen können. Bei diesen und ähnlichen Diskussionen um Automatisierung, den Einsatz von Exoskeletten, künstliche Intelligenz, Predictive Maintenance usw. sieht man auch, dass viele Entwicklungen längst in der Realität angekommen sind, und es ist nicht verwunderlich, dass auch bei Unterweisungen die Frage gestellt wird, ob diese nicht auch noch stärker technologisch unterstützt werden können und sollen. Die klassische Unterweisung mit Papier und Stift wird so vermutlich bald der Vergangenheit angehören, da sie durch neue Methoden und Tools zumindest ergänzt werden wird. Eine zusätzliche Herausforderung ist der Arbeitsschutz an Telearbeits- oder Homeoffice-Arbeitsplätzen und die damit im Zusammenhang stehenden Unterweisungen. Bis in das Frühjahr 2020 waren Arbeitsplätze zu Hause recht dünn gesät. Durch die Corona-Pandemie sind schlagartig viele dieser Arbeitsplätze entstanden und es zeigt sich jetzt schon, dass es kein Zurück in diesen vorherigen Zustand mehr geben dürfte. Das macht es nötig, sich mit neuen Formen der Unterweisung zu befassen.

1 Rechtliche Lage und Richtlinien

Ein guter Anhaltspunkt, um sich den neuen Formen der Unterweisung zu nähern, ist der Blick auf Gesetze und Richtlinien. Nachfolgend werden konkret die Regeln und Richtlinien und deren Empfehlungen genannt, die sich im Speziellen mit Unterweisungen mit elektronischen Hilfsmitteln beschäftigen. Die allgemeinen rechtlichen Grundlagen zur Unterweisungspflicht, z. B. § 12 ArbSchG, gelten natürlich vor allem.

1.1 Unterweisungen nach § 12 ArbSchG bzw. auf anderen gesetzlichen Grundlagen

§ 12 ArbSchG sieht keine besonderen Formvorschriften für Unterweisungen vor. Die Praxis ist sich jedoch darüber einig, dass die Unterweisung keine "Einbahnstraße" hin zum Arbeitnehmer ist, sondern ein kommunikativer Prozess, in dessen Rahmen der Arbeitnehmer die Möglichkeit zu Rückfragen haben muss, seien sie bedingt durch sprachliche Einschränkungen oder mangelndes technisches Verständnis. Auch die Ergänzung in § 6 Abs. 4 ArbStättV sagt zur konkreten Form nichts aus und lässt nur den Schluss zu, dass die Unterweisung immer so aufbereitet sein muss, dass der jeweilige Beschäftigte sie nach seinen individuellen Fähigkeiten zur Kenntnis nehmen und verstehen kann[1].

Auch in anderen Rechtsnormen finden sich Verpflichtungen zu Unterweisungen (z. B. LasthandhabV, GefStoffV, BiostoffV usw.), die ebenfalls wenig zu deren Form aussagen.

[1] Wiebauer in Landmann/Rohmer, GewO, § 6 ArbStättV, Rn. 17.

1.2 Unterweisungen an Telearbeitsplätzen/Homeoffice

Telearbeitsplätze sind über § 2 Abs. 7 ArbStättV in das Schutzprogramm des Arbeitgebers integriert. Sie stellen jedoch dann eine besondere Herausforderung für den Arbeitsschutz dar, wenn es sich nicht um klassische Telearbeitsplätze handelt (an denen der Arbeitgeber arbeitsschutztechnische Einflussnahmemöglichkeiten über die von ihm zur Verfügung zu stellende Ausstattung des Arbeitsplatzes hat), sondern um mobile Arbeitsplätze, insbesondere das Homeoffice. Hier ist mittlerweile jedoch anerkannt, dass der Arbeitgeber auch für diese arbeitsschutzrechtlich verantwortlich ist[1], was natürlich zur Folge hat, dass auch hier Unterweisungen erforderlich sind, die jedoch kaum oder zumindest nur selten persönlich stattfinden können.

DGUV Regel 100-001 "Grundsätze der Prävention"

Die DGUV-R 100-001 konkretisiert und erläutert die Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (DGUV-V 1). Sie legt dar, dass Unterweisungen zwar grundsätzlich persönlich durchzuführen sind, aber elektronische Hilfsmittel dann eingesetzt werden dürfen, wenn diese arbeitsplatzspezifisch aufbereitet wurden, wenn eine Verständnisprüfung stattfindet und wenn ein Gespräch jederzeit möglich ist.

Daraus ergibt sich zunächst, dass ausschließlich elektronische Unterweisungen nicht als ausreichend erachtet werden. Ebenso wie beim bloßen Aushändigen von Vorschriften oder Merkblättern fehlen mündliche Erläuterungen. Dieses Fehlen könnte dazu führen, dass der Mitarbeiter sich selbst um die Wissensbeschaffung kümmern muss, was ebenfalls nicht zulässig ist.

Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung der individuellen Qualifikationen und Erfahrungen der Beschäftigten, die nicht immer gegeben ist. Gerade bei unerfahrenen Beschäftigten muss auf diesen Umstand zwingend eingegangen werden. Oftmals werden standardisierte Methoden, egal ob Fragebogen mit Papier oder online, dieser Berücksichtigung des individuellen Vorwissens nicht gerecht.

Häufig kommen auch Multiple-Choice-Formate zum Einsatz, da diese auch in elektronischen Formen verhältnismäßig leicht zu erstellen und durchzuführen sind, um den Lernerfolg der Unterweisung zu überprüfen. Diese sind aber problematisch, da das Auftreten von Zufallstreffern prinzipiell immer möglich ist. Diese führen dann im schlimmsten Fall dazu, dass von einem Verstehen der Inhalte ausgegangen wird, obwohl das Bestehen des Tests nur Zufall war.

Die Unt...

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