Der Klimawandel stellt eine zentrale Herausforderung für die Gesundheitsförderung und Prävention im 21. Jahrhundert dar.[1] Im Pariser Klimaabkommen hat sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, den Temperaturanstieg in der Atmosphäre auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen und Anstrengungen auf eine Begrenzung von nicht mehr als 1,5 Grad zu unternehmen. Das deutsche Klimaschutzgesetz[2] sieht hierzu vor, die CO2-Emissionen in Deutschland bis 2030 um mindestens 65 % gegenüber dem Stand von 1990 zu reduzieren.[3] Die praktische Umsetzung dieser Verpflichtung erfordert grundlegende Änderungen in allen Lebensbereichen. Die kommunale Ebene spielt für die Erreichung der Klimaschutzziele eine wichtige Rolle: Viele Städte und Landkreise haben Klimaschutzkonzepte entwickelt und messen ihre Umsetzung in regelmäßigen Abständen.[4] Viele Klimaschutzmaßnahmen kommen auch der menschlichen Gesundheit zugute: Kommunale Mobilitätskonzepte, die das Zufußgehen und den Radverkehr fördern, oder die Anlage von schattenspendenden und CO2 absorbierenden Grünflächen sind Beispiele hierfür. Im individuellen Alltagsverhalten liegen ebenfalls große Potenziale für eine Reduktion von Treibhausgasemissionen mit positiven gesundheitlichen Folgen, insbesondere durch veränderte Bewegungs- und Ernährungsmuster (s. die Ausführungen in Kapitel 5.4.1 und 5.4.2). Neben dem Klimaschutz bildet die Klimaanpassung das zweite Standbein der Klimapolitik: Trotz der Priorität von Emissionssenkung zur Verhütung katastrophaler Konsequenzen muss sich das Gemeinwesen auf das häufigere Auftreten von Wetterextremen einstellen, um Folgeschäden für die menschliche Gesundheit zu verhüten.[5] Unter den klimawandelbedingten Gesundheitsgefahren mit Bezug zum Präventions- und Gesundheitsförderungsauftrag der GKV stechen insbesondere die sich häufenden Hitzeperioden hervor, für die gezielte Vorsorge auf kommunaler Ebene zu treffen ist.

Kommunale Aufgabe Hitzeaktionsplanung

Durch kommunale Hitzeaktionspläne, die über die Weitergabe von Informationen hinausgehen, kann die Mortalität bei vulnerablen Gruppen, wie insbesondere älteren Menschen, gesenkt werden.[6] Die Gesundheitsministerkonferenz hat sich dafür ausgesprochen, dass alle kreisfreien Städte und Landkreise bis 2025 Hitzeaktionspläne entsprechend den unter Federführung des Bundesumweltministeriums hierzu entwickelten Empfehlungen[7] verabschieden und implementieren.[8] In jeder Kreisgesundheitsbehörde bzw. jedem städtischen Gesundheitsamt (in den Stadtstaaten dem Bezirksgesundheitsamt) soll hiernach eine Koordinierungsstelle geschaffen werden, in der Krankenhäuser, niedergelassene Ärzteschaft, Rettungsdienste, Feuerwehren, Pflegeeinrichtungen, Krankenkassen, Wohlfahrts- und Hilfsorganisationen, Bildungseinrichtungen und bürgerschaftliche Organisationen und Netzwerke (Vereine, Nachbarschaftszentren usw.) zusammenwirken. Die Koordinierungsstelle stimmt sich mit den Zuständigen für die Hitzeaktionsplanung in der Landesgesundheitsbehörde engmaschig ab.[9] Die kommunale Koordinierungsstelle gibt im Falle bevorstehender Hitzeereignisse Hinweise zum Verhalten und zur Kühlung von Innenräumen auf zuvor abgestimmten Kommunikationswegen heraus. Für vulnerable Personengruppen, wie insbesondere ältere Menschen, Pflegebedürftige, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Säuglinge und Kleinkinder sowie Personen mit Arbeit oder längerem Aufenthalt im Freien sollen zielgruppenspezifische Maßnahmenpläne im Hinblick auf Flüssigkeitsversorgung, Ernährung, Bewegung, Medikation usw. mit konkreten Betreuungsmaßnahmen erarbeitet und bei Eintritt des Hitzeereignisses umgesetzt werden. Hitzeaktionspläne sollten auch längerfristig wirkende gebäudebezogene (z. B. Thermoverglasung) und städtebauliche (z. B. schattenspendende und feuchtigkeitsspeichernde Grünanlagen) Maßnahmen enthalten.

Krankenkassen können Städte, Landkreise und Gemeinden zu gesundheitlich relevanten Aspekten des Klimaschutzes und der Klimaanpassung u. a. durch folgende Maßnahmen unterstützen:

  • Mitwirkung an der Entwicklung oder Weiterentwicklung von kommunalen Konzepten hinsichtlich gesundheitsrelevanter Themen
  • Mitwirkung in kommunalen Gremien zum Klima- und Hitzeschutz
  • Information der Menschen in der Kommune zum Schutz der Gesundheit im Kontext klimatischer Veränderungen
  • Fortbildung von Fachkräften in Einrichtungen (z. B. Kitas, Schulen, Einrichtungen der Freizeitgestaltung wie z. B. Stadtteil- oder Gemeindezentren, Pflegeeinrichtungen) sowie von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern zum Schutz vor Gesundheitsrisiken infolge klimatischer Veränderungen
[1] Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet den Klimawandel als die derzeitig größte gesundheitliche Bedrohung der Menschheit: World Health Organization (2021). COP26 Special Report on Climate Change and Health: the Health Argument for Climate Action. Genf: WHO. S. 2 (https://www.who.int/publications/i/item/cop26-special-report).
[2] Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) vom 12.12.2019 in der Fassung vom 18.08.2021 (www...

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