Geht man von einer ganzheitlichen, prozessorientierten Betrachtung des betrieblichen Arbeitsschutzes aus und differenziert zwischen drei Gruppen von Indikatoren, zwischen denen Beziehungen und Abhängigkeiten bestehen (vgl. Abb. 1), ergibt sich die in Abb. 3 skizzierte Grundstruktur eines Bewertungsmodells für die Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes.

Abb. 3: Grundstruktur des Modells zur Bewertung der Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes

Potenziale

Sie umfassen die Fähigkeit und die Bereitschaft eines Unternehmens zum wirkungsvollen Praktizieren des Arbeitsschutzes. In Anlehnung an das Managementmodell der EFQM (European Foundation for Quality Management) könnte man auch von Befähiger sprechen. Potenziale sind zukunftsgerichtet und zählen deshalb zu den Frühindikatoren eines AMS.

Prozesse

Sie beschreiben, wie ein Unternehmen im Arbeitsschutz aktiv wird. Im Kern geht es darum, wie Arbeitsschutzbelange in den betrieblichen Prozessen (Abläufen) verankert bzw. wie Arbeitsschutzprozesse gestaltet werden (z. B. Unterweisungen). Betrachtet wird, ob und wie die arbeitsschutzrelevanten Prozesse geregelt sind und ob diese Regelungen (z. B. Verfahrensweisungen) auch gelebt (umgesetzt) werden. Die Prozesse zählen ebenfalls zu den Frühindikatoren eines AMS.

Ergebnisse (erzielte Wirkungen)

Sie beschreiben die Leistungen eines Unternehmens im Arbeitsschutz, also die Wirkungen, die auf der Grundlage der Fähigkeiten (Potenziale) durch das Arbeitsschutzhandeln in den betrieblichen Prozessen erzielt werden. Ein Beispiel sind Verletzungen, z. B. dargestellt in der Tausend-Mann-Quote. Es müssen jedoch nicht nur unmittelbare Arbeitsschutzleistungen betrachtet werden, wie z. B. die Wirkungen auf die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit der Beschäftigten, sondern auch Beiträge beispielsweise zur Mitarbeiterzufriedenheit. Bei den Ergebnissen handelt es sich um Spätindikatoren eines AMS.

Um die Qualität des Arbeitsschutzes eines Unternehmens umfassend zu bewerten, wurden die drei Bewertungselemente Potenziale, Prozesse und Ergebnisse mit allgemeingültigen Indikatoren untersetzt. Tab. 1 zeigt dies.

 
Bewertungselemente Indikatoren
Indikatoren zur Bewertung von Potenzialen (Fähigkeiten und Voraussetzungen zum Praktizieren des Arbeitsschutzes)
  • Geeignete Politik und Strategie für Sicherheit und Gesundheit
  • Geeignete Aufbauorganisation des betrieblichen Arbeitsschutzes
  • Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen für das Betreiben des AMS
  • Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen für den Arbeitsschutz
  • Führung
  • Mitwirkung der Beschäftigten
Indikatoren zur Bewertung der systematischen Integration von Arbeitsschutzbelangen in die betrieblichen Prozesse

Ermitteln, Bewerten und Ausschöpfen von präventiven Potenzialen …

  • in wertschöpfenden Prozessen
  • in unterstützenden Prozessen
  • durch arbeitsschutzspezifische Prozesse
Indikatoren zur Bewertung der Ergebnisse des betrieblichen Arbeitsschutzes bzw. des Arbeitsschutzmanagements
  • Wirkungen auf die Arbeitsbedingungen
  • Wirkungen auf die Gesundheit der Beschäftigten
  • Wirkungen auf die Zufriedenheit der Beschäftigten (Mitarbeiterzufriedenheit)
  • Wirkungen auf das Sicherheits- und Gesundheitsbewusstsein der Führungskräfte und Mitarbeiter
  • Beiträge zum Geschäftsergebnis
  • Wirkungen auf die Gesundheit bei Kunden und Lieferanten (Gesundheit Dritter)
  • Erfüllung gesellschaftlicher Verpflichtungen (gesellschaftliche Verantwortung)

Tab. 1: Indikatoren zur Bewertung der Qualität des betrieblichen Arbeitsschutzes

Setzt man diese Indikatoren in die in Abb. 3 dargestellte Grundstruktur ein, ergibt sich ein differenziertes Indikatorensystem (siehe Abb. 4). Es ist die Grundlage für ein umfassendes Modell zur Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes eines Unternehmens im Rahmen des Arbeitsschutzmanagements.

Die Indikatoren sind untereinander nicht alle als gleichrangig anzusehen. Je nach Entwicklungsstand eines Unternehmens können einzelne Indikatoren einen unterschiedlichen Stellenwert haben.

Abb. 4: Differenziertes Indikatorensystem für ein umfassende Bewertung der Qualität des Arbeitsschutzes eines Unternehmens

 
Praxis-Tipp

Indikatorensystem

Das skizzierte Indikatorensystem stellt kein geschlossenes System dar, das im Ganzen angewendet werden muss.

  • Sie sollten vor dem Hintergrund der Gegebenheiten in Ihrem Unternehmen (Gefährdungssituation, Betriebsgröße, Entwicklungsstand (Reifegrad) des AMS, …) entscheiden, welche Indikatoren zur Steuerung Ihres Arbeitsschutzmanagements geeignet sind.
  • Nach der Festlegung der Indikatoren sollten Sie für jeden Indikator geeignete Parameter auswählen. Aus der Fülle der prinzipiell möglichen Parameter (siehe Sammlung in Hamacher et al. 2002[1]) sollten Sie systematisch diejenigen ermitteln, die kritische Erfolgspotenziale der Arbeitsschutzfähigkeit, Arbeitsschutzbereitschaft und Arbeitsschutzleistungen Ihres Unternehmens möglichst genau anzeigen. Der Erfolg wird sich daran bewerten lassen, inwieweit es Ihnen gelingt, sich auf wenige präzise und aussagekräftige Kennzahlen zu konzentrieren.
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