Die Covid-19-Pandemie hat eine massive Ausweitung der Homeoffice-Arbeit mit sich gebracht. War diese anfangs noch erzwungen, behielten viele Unternehmen diese Möglichkeit der Arbeitsverrichtung bei. Knapp ein Viertel (24,2 %) aller Erwerbstätigen arbeitete im Jahr 2022 zumindest gelegentlich im Homeoffice, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.[1] Wie häufig im Homeoffice gearbeitet wird, hängt natürlich stark von der jeweiligen Branche ab. IT-Dienstleistungen, Verwaltungs- und Beratungsarbeiten können gut von zu Hause aus erledigt werden, während Tätigkeiten im Gesundheitswesen, im Baugewebe oder im Einzelhandel primär Präsenzarbeit erfordern.

Repräsentative Umfragen der bitcom Research (Marktforschung für die Digitalwirtschaft) bestätigen die Ausweitung und Akzeptanz von Tele- und mobiler Arbeit. Dabei sind es v. a. die Erwerbstätigen selbst, die – zumindest teilweise – mobil oder im Homeoffice arbeiten wollen. Sie begrüßen die Vorteile, die das sog. "New Work" mit sich bringt: die Arbeitszeit frei einteilen (95 %) und individuelle Leistungs- und Lernziele selbst bestimmen (95 %) können. Bitkom berichtet, dass ein gutes Viertel (27 %) Tätigkeiten verrichtet, die vollständig im Homeoffice ausgeübt werden können, ein Drittel (35 %) der Arbeiten eignen sich zumindest teilweise für Homeoffice und 36 % der Tätigkeiten sind nicht für Homeoffice geeignet. Auf alle Erwerbstätigen gerechnet heißt das: Im Jahr 2022 arbeiteten 50 % ganz oder teilweise mobil oder im Homeoffice.

Allerdings wird die euphorische Einschätzung von Telearbeit und Homeoffice nicht von allen geteilt. Vor allem Unternehmen und Führungsverantwortliche haben Bedenken und Vorbehalte: Homeoffice sei nicht für alle möglich, die Produktivität sinke, weil der Austausch mit den Kollegen fehle, die Mitarbeiter seien nicht jederzeit ansprech- und erreichbar, die Arbeitszeit könne nicht kontrolliert werden. Auch die Identifikation mit dem Unternehmen verschlechtere sich. Selbst Beschäftigte sind nicht immer glücklich mit der Homeoffice-Regelung. Sie wünschen sich eine Trennung von Berufs- und Privatleben und vermissen den Kontakt zu Kollegen.[2]

Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verfolgt qua ihres Auftrags die Situation auf dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung von New Work. Im Forschungsbericht "Mobiles Arbeiten von zu Hause" vom November 2021[3] werden Ergebnisse aus verschiedenen Studien berichtet, deren Validität allerdings aufgrund der unterschiedlichen Untersuchungssettings kaum überprüft werden kann. Die bereits erwähnten Vor- und Nachteile von Homeoffice wurden häufig bestätigt. Der Bericht kommt in seinem Ausblick zu dem Schluss, dass erst die zukünftige Forschung Effekte von Homeoffice – auch in Hinblick auf Produktivität und die psychische Gesundheit – zeigen wird.

Eine Befragungsstudie der berufundfamilie Service GmbH und des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) der Fachhochschule Ludwigshafen befasste sich mit Lebensentwürfen im Kontext der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Die Ergebnisse zeigen, dass ein weiterer Aspekt beim Thema Führen auf Distanz nicht außer Acht gelassen werden darf: Die Attraktivität eines Arbeitgebers hängt heutzutage auch davon ab, wie individuelle Lebensentwürfe, Ziele und Interessen der Mitarbeiter berücksichtigt werden. Eine familienbewusste und lebensphasenorientierte Personalpolitik kann oft das Zünglein an der Waage sein, was in Zeiten von Fachkräftemangel Unternehmen im eigenen Interesse zum Um- und Neudenken bewegen sollte.[4]

Auch wenn Langzeitstudien über mobiles Arbeiten und Telearbeit noch fehlen und eventuell auch nur evidenzbasiert erfolgen können, ist es erwiesen, dass entgrenztes Arbeiten mehr erfordert als nur die fachlichen Voraussetzungen. Das gilt sowohl für Beschäftigte als auch für Führungsverantwortliche.

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