Die Arbeitsstättenverordnung benennt in § 1 Abs. 1 ArbStättV in Anlehnung an § 1 Abs. 1 des ArbSchG ihre Regelungsziele und definiert in § 1 Abs. 2–5 ihren Anwendungsbereich. Mit § 1 Abs. 6 ArbStättV lässt sie in Anlehnung an § 20 Abs. 2 ArbSchG Ausnahmeregelungen in den Zuständigkeitsbereichen der dort genannten Ministerien zu, wenn anderenfalls die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben von z. B. Militär oder Polizei behindert würde, soweit öffentliche Belange dies zwingend erfordern.

Die ArbStättV und alle ihre Änderungen beruhen auf der Verordnungsermächtigung in § 18 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG). Darin wird eine übergreifende Zielsetzung für sämtliche Arbeitsschutzverordnungen benannt. In den einzelnen Verordnungen gilt es demnach vorzuschreiben, welche Maßnahmen der Arbeitgeber und die sonstigen verantwortlichen Personen zu treffen haben und wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben, um ihre jeweiligen Pflichten aus dem ArbSchG zu erfüllen. Die generellen Ziele und Maßgaben des Arbeitsschutzgesetzes sind der ArbStättV folglich übergeordnet.

Dementsprechend werden die Zielsetzungen aus § 1 Abs. 1 ArbSchG in § 1 Abs. 1 der Arbeitsstättenverordnung aufgegriffen: Schutzziele sind die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten. Dies ist im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbSchG so zu verstehen, dass Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu treffen sind. Weiter ergibt sich aus § 3 Abs. 1 ArbSchG, dass die Ziele dynamisch eine Überprüfung und Verbesserung des jeweiligen Schutzniveaus bezwecken. Aus § 4 Ziff. 1 ArbSchG ergibt sich außerdem, dass von einem umfassenden Gesundheitsbegriff auszugehen ist, der sowohl physische als auch psychische Gefährdungen der Gesundheit einbezieht.

Die Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 ArbStättV richten sich auf den Schutz der Beschäftigten beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten. Die Begrifflichkeiten Einrichten, Betreiben und vor allem Arbeitsstätte prägen den sachlichen Anwendungsbereich der ArbStättV. Sie werden in § 2 ArbStättV näher bestimmt (siehe Abschn. 2.2).

Unter den in § 1 Abs. 1 ArbStättV genannten Beschäftigten sind nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 ArbSchG zu verstehen:

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
  • die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten,
  • arbeitnehmerähnliche Personen i. S. des § 5 Abs. 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes – ausgenommen die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten –,
  • Beamtinnen und Beamte,
  • Richterinnen und Richter,
  • Soldatinnen und Soldaten,
  • die in Werkstätten für Behinderte Beschäftigten.
 
Achtung

Gültigkeit für (fast) alle Tätigkeitsbereiche

Dem Anwendungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes folgend gilt die ArbStättV in allen Tätigkeitsbereichen; also in der Privatwirtschaft, im öffentlichen Dienst sowie in kirchlichen oder gemeinnützigen Tätigkeitsbereichen. Ausdrücklich ausgenommen sind laut § 1 Abs. 2 ArbSchG der Arbeitsschutz von Hausangestellten in privaten Haushalten, von Beschäftigten auf Seeschiffen und von Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen. Seit dem 24.10.2017 gelten gemäß § 1 Abs. 6 ArbStättV für Bildschirmarbeitsplätze einschließlich Telearbeitsplätzen auch im Anwendungsbereich des Bundesberggesetzes die Regelungen der ArbStättV.

Darüber hinaus werden in § 1 Abs. 2–5 spezielle Ausnahmen vom Anwendungsbereich getroffen, wonach Teile der ArbStättV für bestimmte Arbeitsplätze oder Räumlichkeiten nicht gelten sollen. So bestimmt § 1 Abs. 2, dass für Arbeitsstätten im Reisegewerbe und im Marktverkehr, für Transportmittel im öffentlichen Verkehr und für bestimmte Felder, Wälder und sonstige Flächen der Land- und Forstwirtschaft aus dem Regelungsbestand der ArbStättV nur der Nichtraucherschutz des § 5 sowie seit dem 5. Änderungsgesetz 2010 auch die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung nach Anhang 1.3 ArbStättV gelten.

Für Gemeinschaftsunterkünfte außerhalb des Geländes eines Betriebs oder einer Baustelle war die ArbStättV vor dem 1.1.2021 nicht anzuwenden. Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz vom 22.12.2020 wurde das dahingehend geändert, dass laut § 1 Abs. 3 die §§ 3, 3a und Anhang 4.4 auf diese anzuwenden sind. Hintergrund sind Belange des Infektionsschutzes im Zuge der Corona-Pandemie, von der Beschäftigte der Fleischverarbeitungsindustrie besonders betroffen waren. Sie werden aus dem Ausland angeworben und für den oft zeitlich begrenzten Einsatz häufig in Gemeinschaftsunterkünften außerhalb des Betriebsgeländes untergebracht. Für die dort herrschenden Wohnverhältnisse soll mit der Neuregelung auch der Arbeitgeber des einsetzenden Unternehmens Verantwortung übernehmen und die spezifischen Vorschriften anwenden. Entsprechend definiert wird der Begriff Gemeinschaftsunterkünfte in § 2 Abs. 8 (siehe dort). Es sind also auch für Gemeinschaftsunterkünfte außerhalb des Geländes eines Betriebs oder einer Baustelle, die dieser Definition entsprechen, Gefährdungsbeurteilungen nach § 3 ...

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