Vor Inbetriebnahme - zweckmäßigerweise vor der Beschaffung - ist von dem (künftigen) Betreiber/der Betreiberin zu prüfen, ob die Forderungen nach § 5 Abs. 1 Betriebssicherheitsverordnung[1] erfüllt werden.

Bei Beschaffung gebrauchter Maschinen sind hauptsächlich die folgenden Fälle zu unterscheiden:

Fall 1

Das Walzwerk war im europäischen Wirtschaftsraum schon in Betrieb.

Es sind die allgemeinen Beschaffenheitsanforderungen der Betriebssicherheitsverordnung zu erfüllen, wonach der Unternehmer/ die Unternehmerin nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen darf, die unter Berücksichtigung der vorgesehenen Einsatzbedingungen bei der Verwendung sicher sind.

Zur Konkretisierung dieser Anforderungen können die europäische Norm DIN EN 1417 und die Schriften Fachbereich AKTUELL FBRCI-001 und Fachbereich AKTUELL FBRCI-002 herangezogen werden.[2]

Die Anforderungen gelten bei einem Walzwerk als erfüllt, wenn insbesondere folgende Eigenschaften vorliegen:

  • Für alle Gefahrstellen sind Schutzeinrichtungen vorhanden.
  • Alle Schutzeinrichtungen müssen zwangsläufig wirksam werden (aus diesem Grund sind Reißleinen zum Stillsetzen der Walzen nicht mehr ausreichend).
  • Die Schutzeinrichtungen dürfen keine Manipulationsanreize hervorrufen (z. B. wegen Fehlauslösungen der Schutzeinrichtungen durch die Einsatzstoffe oder auch durch Körperteile).
  • Bei Walzwerken < 400 mm ist ein Bremswinkel von 20° und bei größeren Walzwerken ein Bremswinkel von 40° heute Stand der Technik.
  • Es sind zwei voneinander unabhängige Bremssysteme vorhanden oder ein Bremssystem, das bewährten Prinzipien entspricht, z. B. Scheibenbremse.
  • Es muss möglich sein, von der Walzeneinzugstelle erfasste Körperteile schnell zu befreien (durch wegbegrenztes Reversieren oder durch schnelles Auseinanderfahren der Walzen).
  • Schutzeinrichtungen müssen an der Bedienseite und an der Rückseite vorhanden sein.

Hinweis: Eine umfassende Zusammenstellung aller wesentlichen Anforderungen ist den Schriften Fachbereich AKTUELL FBRCI-001 und Fachbereich AKTUELL FBRCI-002[3]zu entnehmen.

Es ist zweckmäßig, eine gemeinsame Abnahme mit Hilfe der dort enthaltenen Checklisten zu vereinbaren und die Einhaltung der enthaltenen Anforderungen im Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer schriftlich zu vereinbaren.

 

Fall 2

Das Walzwerk war im europäischen Wirtschaftsraum schon in Betrieb - es wurden oder werden aber "wesentliche Veränderungen" vorgenommen.

Wesentlich veränderte Walzwerke müssen alle Anforderungen erfüllen, die zum Zeitpunkt der Veränderung für neue Walzwerke gelten. Wann eine Veränderung an einem Walzwerk als wesentlich anzusehen ist, kann anhand des Informationspapiers "Wesentliche Veränderung von Maschinen" eingeschätzt werden, das im Fachwissenportal der BG RCI zur Verfügung gestellt wird. Derjenige, der für die wesentliche Veränderung verantwortlich ist, wird zum Hersteller des Walzwerks. Es muss ergänzend zur sicherheitstechnischen Nachrüstung auch eine neue Konformitätserklärung ausgestellt werden, in der erklärt wird, dass das Walzwerk allen anzuwendenden Vorschriften entspricht. Zusätzlich ist ein neues Typenschild mit allen vorgeschriebenen Angaben zum neuen Hersteller anzubringen.

Eine praxiserprobte Interpretation zum unbestimmten Rechtsbegriff der "Wesentlichen Veränderung" kann im Fachwissenportal der BG RCI auf der Homepage heruntergeladen werden:

https://www.bgrci.de/fachwissen-portal/themenspektrum/maschinensicherheit/interpretationen-zuvorschriften/

Eine grobe Einschätzung kann anhand folgender Merkmale vorgenommen werden:

  • Es muss eine Risikoerhöhung vorliegen (z. B. Einbau einer Streifenschneideinrichtung oder Erhöhung eines anderen vorhandenen Risikos) und
  • die vorhandenen Schutzeinrichtungen sind für das erhöhte Risiko nicht mehr ausreichend und
  • die sicherheitsrelevante Steuerung für das erhöhte oder zusätzliche Risiko nach DIN EN ISO 13849-1 muss auf zweikanalig nachgerüstet werden.

Wenn diese Merkmale vorliegen, ist eine wesentliche Veränderung anzunehmen.

Auf der Basis dieser Merkmale sind folgende Veränderungen nicht als wesentlich einzustufen:

  • Erhöhung der Sicherheit durch Einbau zusätzlicher Sicherheitseinrichtungen,
  • Austausch der Bremssysteme (mindestens gleicher Bremswinkel),
  • Austausch der Steuerung oder der elektrotechnischen Ausrüstung.

 

Fall 3

Das Walzwerk war außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes schon in Betrieb - es wird eingeführt.
Das Walzwerk wird innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes erstmalig in Verkehr gebracht. Es gelten daher die Bestimmungen für neue Maschinen (siehe Abschnitt 2.2 dieser Schrift). Dies ist in aller Regel mit einem extrem hohen Aufwand verbunden. Dazu gehören insbesondere das Nachrüsten des schnellen Auseinanderfahrens der Walzen auf 50 mm und die automatische Überwachung/Kontrolle des Bremswinkels.
[1] Siehe Anhang 3 Nr. (6).
[2] Siehe Anhang 3 Nr. (20) und (21).
[3] Siehe Anhang 3 Nr. (20) und (21).

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