Zielgruppe im Personalmarketing: Wo ist die Bewerber-Zielgruppe?

Arbeitgeber erreichen mit ihren Maßnahmen immer noch viel zu oft nur diejenigen Personen, die aktiv nach einer neuen Stelle suchen. Deshalb ist ein gutes Zielgruppen-Targeting wichtig. So können auch Fachkräfte erreicht werden, die (noch) nicht auf Stellensuche sind.

Ein erweitertes Verständnis des Begriffs "Zielgruppe" ist im Personalmarketing und Recruiting noch nicht richtig angekommen. Zwar brüstet sich jede bessere Karrierewebseite mit zielgruppengerechter Ansprache, Navigationsführung und Informationsvermittlung. Wer eine Stellenanzeige schaltet, macht sich Gedanken über die vermeintlich passende Jobbörse. Und wer sich auf Linkedin oder Xing bewegt, filtert die Mitglieder der Plattformen nach bestimmten Profilen.

Aber all diese Maßnahmen richten sich an Menschen, die ohnehin auf der Suche nach Jobs sind oder zumindest zur Gruppe der latent Suchenden gehören, die in Business-Netzwerken oder CV-Datenbanken über ihre Qualifikationen und ihre Berufserfahrung leicht identifizierbar sind.

Die Konkurrenz um aktiv Suchende ist groß

Zwei Umstände machen deutlich, dass dieses Zielgruppenverständnis, das sich häufig genug noch an Qualifikation und Berufserfahrung orientiert, Arbeitgebern nicht mehr ausreicht, um ihren Bedarf an Mitarbeitenden zu decken: Zum einen ist die Konkurrenz in den klassischen Recruiting-Medien wieder enorm hoch, was die Wahrscheinlichkeit sinken lässt, dass sich Stellensuchende ausgerechnet für das eigene Angebot entscheiden und nicht für das der Konkurrenz. Zum anderen lässt dieser Ansatz das in Zahlen gesehen größte Potenzial ungenutzt: Die Masse der Menschen, die weder aktiv noch latent auf der Suche sind. Menschen, die weder Jobbörsen noch Karrierewebsites aufsuchen, sich selten auf LinkedIn und fast nie auf Xing blicken lassen und die sich im schlimmsten Fall nicht einmal über ein Qualifikationsprofil als Zielgruppe zu erkennen geben.

Anders gesagt: Es nutzt herzlich wenig, einen IT-Mitarbeiter oder eine IT-Mitarbeiterin mit zwei Jahren Berufserfahrung auf für Karriere relevanten Portalen zu suchen, wenn diese Personen sich das letzte Mal kurz vor ihrem Abschluss auf einem der Portale aufgehalten haben. Und sich, seitdem sie beruflich unter Dach und Fach sind, sowieso an ganz anderen Stellen im Netz bewegen.

Erfahrungen aus dem Produktmarketing nutzen

Wo soll man also ansetzen, um heute Menschen zu finden, die künftig zur Belegschaft gehören sollen? Das klassische Produktmarketing gibt einen langen aber gangbaren Weg vor: Es erreicht seine Zielgruppen auch abseits des "Point of Sale" (abseits der klassischen Recruiting-Medien) und es schafft Begehrlichkeiten.

Das Schaffen von Begehrlichkeiten ist für erfahrene Personalmarketer zwar keine einfache, aber eine lösbare Aufgabe: Es gilt, den besonderen Nutzen für die Mitarbeitenden zu definieren – ganz gleich, ob dieser in einer funktionalen oder emotionalen Dimension liegt. Und es gilt, diesen Nutzen klar, deutlich und möglichst aufmerksamkeitsstark in Kommunikation zu übersetzen.

Basis für die Zielgruppen-Ansprache: die Candidate Persona

Potenzielle Mitarbeitende abseits von Jobportalen und Business-Netzwerken zu erreichen, ist deutlich aufwendiger. Hierfür müssen Arbeitgeber die gesuchten Personengruppen genau kennenlernen, weit über deren Qualifikationsprofil hinaus: Wo halten sie sich außerhalb ihres beruflichen Umfelds auf? Was sind ihre Vorlieben? Welche Medienkanäle nutzen sie? Welche Medienformate bevorzugen sie? Es geht um eine Typisierung der Zielgruppe – nach soziodemografischen und psychografischen Merkmalen und nach Mediennutzung.

Dieser Wechsel vom Qualifikationsprofil hin zur Typisierung hat einen Haken: Wenn ich Menschen statt nach Ausbildung, Berufserfahrung und Fähigkeiten nun nach ihren Interessen, Gewohnheiten und Bewegungsprofilen unterteile, muss ich sehr viele von ihnen ansprechen, bis ich jemanden mit den richtigen Qualifikationen erreiche.

Für das Produktmarketing stellt das kein Problem dar, schließlich sollen nicht nur ein paar Smartphones oder Autos verkauft werden, sondern idealerweise mehrere Tausend oder Millionen. Da sind hohe Budgets für die Bewerbung des Produkts selbstverständlich. Die meisten Personalmarketer dagegen werden um Budgets kämpfen müssen, die eine Ansprache ausreichend großer Zielgruppen außerhalb der Recruiting-Medien möglich machen. Denn obwohl es inzwischen möglich ist, auch einzelne Positionen auf diese Weise gut zu vermarkten, nimmt auch hier die Konkurrenz zu, so dass die Kosten weiter steigen. Das führt notwendigerweise zu immer höheren Budgets. Und eben nicht nur dann, wenn ein Unternehmen einen höheren Bedarf innerhalb einer erfolgsrelevanten Zielgruppe hat, sondern auch für die einzelne zu vermarktende Position.

Mediastrategie: Auf die Zielgruppe fokussieren

Ein Wechsel vom einzelnen Job-Posting hin zur Mediastrategie ist also auch bei kleinen Bedarfen sinnvoll. Denn auch hier sind Trends unübersehbar: Standen früher vor allem akademische Nachwuchskräfte im Fokus der Bemühungen des Personalmarketings, spüren Unternehmen heute den Mangel quer über die meisten Berufsfelder hinweg. Logistik-Profis, Pflegekräfte, Einzelhandelskaufleute, Sanitärfachkräfte, Servicepersonal: Sie alle werden händeringend gesucht und einige Arbeitgeber nehmen für die Vermarktung ihres Arbeitsangebots an diese Zielgruppen Summen in die Hand, die vor Kurzem noch undenkbar waren.

Sie tun das, weil sie wissen, dass sie ihren Bedarf nicht allein mit aktiv und latent Suchenden decken können. Und weil sie erkannt haben, dass es im Wettbewerb um Fachkräfte darauf ankommt, möglichst früh und über mehrere Kontakte hinweg die Zielgruppe mehrfach zu erreichen. Wer damit erst in den klassischen Recruiting-Medien anfängt, steht oft schon auf verlorenem Terrain – zum Beispiel dann, wenn die Konkurrenz ihren Zielgruppen bereits im Umfeld ihrer privaten Vorlieben, Interessen und Gewohnheiten begegnet.

Die Möglichkeiten des Personalmarketings kennen

Doch mit der richtigen finanziellen Ausstattung alleine ist es noch nicht getan. Wer sich abseits von Jobbörsen und Co. bewegt, sieht sich mit einer Vielzahl möglicher Werbeplätze und -formen konfrontiert. Zwischen Targeting-Faktoren und Themenfeldern, zwischen In-Text- und In-Stream-Advertising, zwischen Native Recommendation-Ad und Mobile Interstitial, zwischen Floorprints und Station Lights gilt es die Gretchenfrage zu beantworten: In welche Werbestrategie, in welche Werbeplätze und in welche Werbeformen ist das Personalmarketingbudget richtig investiert?

Nur wenige Personalmarketingabteilungen haben Media-Profis an Bord, mit denen sie diese Fragen selbst beantworten können. Doch auch externe Partner sind für sich alleine genommen noch keine Heilsbringer. Entscheidend für ein erfolgreiches Investment ist der engmaschige Austausch zwischen HR-Bereich und Mediaagentur. Denn so gut sich Bewegungsprofile und Mediengewohnheiten einer Zielgruppe über Marktforschung auch erschließen lassen: Die kurzfristige Rückkopplung zu den Erfahrungswerten mit Werbemaßnahmen ist das A und O für die Kampagnensteuerung.

Keine Patentrezepte für das Personalmarketing

So oder so werden sich Arbeitgeber und Personalmarketingdienstleister daran gewöhnen müssen, dass es in der Vermarktung außerhalb klassischer Recruiting-Kanäle keine Patentrezepte gibt. Selbst Erkenntnisse aus vergangenen Kampagnen haben im schnelllebigen Werbemarkt eine kurze Halbwertszeit. Maßnahmen, die im Vorjahr viele Klicks und Conversions gebracht haben, können im Folgejahr bereits veraltet sein. Das macht das Aufspüren des richtigen Wegs in der Vermarktung so aufwendig – und das macht es so spannend.


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