Chancen für Innenstädte ohne Warenhäuser nach Benko-Pleite

Ausgerechnet große Warenhäuser – und damit deutsche Innenstädte – sind von der Signa-Pleite betroffen. Doch unter bestimmten Voraussetzungen kann das sogar eine Chance sein.

Das innerhalb weniger Jahre aufgebaute Milliardenimperium des österreichischen Signa-Chefs René Benko befindet sich in der Auflösung. Und schon scheiden sich die Geister, ob der Schöpfer ein Vorzeigeunternehmer oder doch eher ein peripherer Menschenfänger sei. Die Auswirkungen auf die deutsche Immobilienbranche werden spürbar sein.

Welche Gefahren drohen der Immobilienbranche?

Der Ausfall eines Unternehmens dieser Größe wird Baufirmen, Nachunternehmer und Dritte an Liquiditätsgrenzen führen. Banken werden konservativer bei der Kreditvergabe vorgehen. Beide Phänomene wirken sich negativ auf die Branche aus. Und das ausgerechnet in der aktuellen Marktlage.

Außerdem werden weitere Warenhäuser in 1A-Lagen deutscher Städte schließen, was zu Entlassungen der Mitarbeiter führen dürfte und neben dem sehr bedauerlichen Verlust an Arbeitsplätzen die Vitalität der betroffenen Innenstädte wie ein Paukenschlag treffen wird.

Zugegeben: Das Label Karstadt-Galeria-Kaufhof stand schon lange nicht mehr für ein intensives Kauferlebnis. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, glich das Retailformat eher einer alten Freundschaft als einer frisch entfesselten Romanze. Dennoch bedeutet der Gang ins Warenhaus vielen, gerade den Älteren, vertraute Gewohnheit im besten Sinne. Eine Qualität, die in Zeiten politischer Verunsicherung nicht zu unterschätzen ist.

Chance der Benko-Pleite für die Innenstädte?

Die Branche sucht bereits seit Jahren nach Antworten, um die "großen Wale" (Warenhäuser) klug weiterzuentwickeln. Es hat sich gezeigt, dass Mixed-Use-Konzepte grundsätzlich gängige Wege darstellen. Recklinghausen etwa hat gemeinsam mit der AIP-Unternehmensgruppe aus Düsseldorf gezeigt, wie inspirierend die Umwandlung eines 100 Jahre alten Karstadt-Hauses sein kann.

Mieten entwickeln sich wieder in marktübliche Sphären, Leerstand geht zurück, Events nehmen zu und vor allem: Die Stimmung unter den Bürgern verbessert sich.

Voraussetzung dafür ist unter anderem eine professionelle, pragmatische und vertrauensvolle Kooperation zwischen Developer und Kommune. Auf dieser Basis kann die Gefahr der Entschleunigung gebannt werden, denn es muss verhindert werden, dass die betroffenen Häuser für Jahre oder Jahrzehnte stillstehen. Die größte Chance in der Diversifizierung der Verantwortlichkeit liegt darin, den jeweils neu zu formulierenden Nutzungskonzepten möglichst viel Lokalkolorit zu verleihen. Das stärkt die Identifikation der Bürger mit dem Projekt.

Fazit: Auf viele Akteure setzen

Kommunen wie Krefeld, Hanau oder Iserlohn machen es vor: Hier treten die Städte selbst wie Projektentwickler auf, kaufen leerstehende Häuser und initiieren zukunftsfähige Produkte. Diese werden für Bürger gedacht und aus der Logik möglicher Mieter konzipiert. Denn nur was marktfähig ist, wird vom Markt angenommen. Es kommt auf lokal verantwortliche Persönlichkeiten an, die Netzwerke nutzen, um Ideen voranzutreiben.

Das Thema ist undankbar, denn zu oft wurde der Einzelhandel in der Vergangenheit als Vehikel genutzt, um Immobilien aufzuwerten und damit "Deals" zu machen. Über Jahrzehnte tradierte Einkaufsgewohnheiten der Bevölkerung und Existenzen sichernde Arbeitsplätze wurden so zur Manövriermasse von Transaktionen weniger Akteure. Gleichzeitig sind es gerade wenige Akteure, deren unternehmerische Visionen etwas bewegen.

Verlagern wir die Wirksamkeit weg von dem einen Akteur hin zu qualifizierten vielen Playern vor Ort und sehen alle gemeinsam zu, dass unsere Städte eine attraktive Zukunft haben. Die Innenstädte spielen dabei eine wichtige Rolle.


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