Leitsatz

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann in bestimmten Fällen Unternehmerin sein. Für die gewerbliche Tätigkeit bedarf es keiner anderen Gesellschaft, wenn das Unternehmen zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehört. So liegt es, wenn ein Blockheizkraftwerk (BHKW) vornehmlich der Erzeugung von Wärme für die Wohnungseigentumsanlage dient und der zusätzlich erzeugte Strom ein zwangsläufig entstehendes Nebenprodukt ist.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 6 Satz 1; EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2

 

Das Problem

  1. In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es bauseitig ein BHKW. Den von diesem hergestellten Strom verbrauchen einerseits die Wohnungseigentümer, anderseits wird er an eine M-GmbH verkauft. Die Wohnungseigentümer sehen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die mit der M-GmbH einen Stromeinspeisevertrag geschlossen hat, insoweit als Unternehmerin an.
  2. Im Rahmen eines Steuerstreits zwischen Wohnungseigentümer K und dem Finanzamt (FA) entscheidet das Finanzgericht (FG), die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht eine stillschweigend neben ihr errichtete GbR sei Betreiberin des BHKW. Das FA habe die Höhe der laufenden Einkünfte und den Anteil des K daran richtig festgestellt. Gegen diese Sichtweise wendet sich K im Wege der Revision. Mit Erfolg!
 

Die Entscheidung

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei zwar kein nach § 1 Abs. 1 KStG steuerpflichtiges Gebilde. Vielmehr seien die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft als Mitunternehmer anzusehen.
  2. Das Feststellungsverfahren sei aber für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und nicht für eine personengleiche GbR durchzuführen gewesen. Denn ein Feststellungsverfahren sei für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchzuführen, wenn sie innerhalb ihres in § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG vorgegebenen "Verbandszwecks" tätig geworden sei. Die Erzeugung und Vermarktung von Strom könne dabei innerhalb des "Verbandszwecks" liegen. Es sei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit Blick auf den weiten Verwaltungsbegriff nämlich nicht von vornherein verwehrt, durch den Betrieb eines BHKW als Stromerzeugerin gewerblich tätig zu sein. Dies gelte jedenfalls dann, wenn das BHKW vornehmlich der Erzeugung von Wärme für das Wohnungseigentum diene und der zusätzlich erzeugte Strom ein zwangsläufig entstehendes Nebenprodukt sei. Ob sich eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einer gewerblichen Tätigkeit noch innerhalb ihres "Verbandszwecks" bewege, sei unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
  3. Das FG-Urteil sei indessen aufzuheben, weil die Höhe der vom FA und FG als Betriebsausgaben berücksichtigten Vorsteuern einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalte.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Eigentümerin eines BHKW ist in der Regel nicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Das BHKW ist grundsätzlich ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes und steht damit im gemeinschaftlichen Eigentum, also im Miteigentum der Wohnungseigentümer. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Bezug auf das BHKW nach außen Verträge schließt.
  2. Im Fall war zu fragen, wer der richtige Steuerpflichtige ist. Dies ist der, der eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat (§ 33 AO). Wird mit dem BHKW neben Wärme auch Strom erzeugt, der ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, dient das BHKW der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung. Eine solche Tätigkeit begründet die Unternehmereigenschaft des "Betreibers", auch wenn dieser daneben nicht anderweitig unternehmerisch tätig ist. "Betreiber" in diesem Sinne sind nicht die Wohnungseigentümer als Eigentümer des BHKW, sondern ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Sie ist zwar nicht Eigentümerin des BHKW, erzielt aber durch die Stromerzeugung Einnahmen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Anders als der Verwalter im Fall, sollte der normale Verwalter, bevor er für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rechtsverkehr Erklärungen gegenüber dem Finanzamt abgibt, mit den Wohnungseigentümern Rücksprache halten. Von Gesetzes wegen hat der Verwalter keine Kompetenz, sich für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Steuerangelegenheiten zu erklären.
  2. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann mit einem BHKW Betriebseinnahmen erzielen. Zu den Betriebseinnahmen gehören nach Ansicht des Bayerischen Landesamts für Steuern (Schreiben v. 11.1.2016, S 2240.1.1-6/7 St 32), u.a.:

    • Vergütungen bzw. Zuschläge für den in das öffentliche Netz eingespeisten Strom, vergütet nach den Bestimmungen des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG 2002) bzw. Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2014);
    • Vergütungen anlässlich der Lieferung von Strom und Wärme an Dri...

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