Viele Experten halten öffentliches Laden für notwendig. Insbesondere spielt dies für die Bewohner von Mietwohnungen, die keine private Ladeinfrastruktur (LIS) zur Verfügung haben, sowie für Ein- und Auspendelnde eine Rolle. Zudem wurde der Aufbau von öffentlicher LIS als ein Baustein zur Aktivierung der Innenstädte genannt. Als Ladetechnologie wird DC-Laden mit mindestens 50 kW-Ladeleistung bevorzugt, da das AC-Laden mit einer Ladeleistung von bis zu 22 kW als ineffizient angesehen wird. Als Ergänzung zum öffentlichen Laden wurde hier auch das Arbeitgeberladen als Chance zum flächendeckenden Aufbau von LIS vorgeschlagen.

Öffentliches Laden ist laut dieser Meinungen wirtschaftlich nicht tragbar, da es wesentlich teurer als privates Laden ist. Zudem wurden die sich aktuell verändernden Arbeitsformen wie z. B. Homeoffice und die sich dadurch verändernde Mobilität als Gegenstimme zum öffentlichen Laden genannt.

Anforderungen an die öffentliche Ladeinfrastruktur

Der Markt für LIS entwickelt sich schnell und dynamisch. Um aus der Vielzahl von Herstellern und Modellen eine Auswahl treffen zu können, wurden folgende technische Mindestanforderungen für LIS entsprechend den zuvor beschriebenen, relevanten Ladeszenarien – Lade-Hub innerorts und Laden im Straßenraum – definiert (aus "Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur Kompass für kommunale Entscheidungsträger am Beispiel der Landeshauptstadt Wiesbaden"):

  • Eichrechtskonformität
  • Kommunikation zwischen Ladesäule und Backend über OCPP 1.6 oder höher
  • Kommunikation zwischen Ladestation und E-Auto gemäß ISO 15118
  • Nutzerauthentifizierung mittels App, RFID und Kartenleser für gängiges Kartensystem (Mastercard, Visa, Girocard) (VDE-AR-E 2532-100)
  • T-Kommunikationsschnittstellen mindestens Ethernet, RS485 (primär für Anwendungen in Parkhäusern oder Tiefgaragen) oder GSM (zur Nutzung im Außenbereich)
  • Unterstützung von Lastmanagement
  • Jeder Ladepunkt muss über mindestens einen Steckertyp gemäß DIN EN 62196 verfügen (Typ 2 für AC; Typ 2 Combo für DC)
  • AC-Ladepunkte müssen mindestens 11 kW und DC-Ladepunkte mindestens 50 kW Ladeleistung pro Ladepunkt bereitstellen
  • Unterstützung von Lastmanagement
  • Schutzart mindestens IP 54
  • Schlagfestigkeit mindestens IK 8

Normal- oder Schnellladen im öffentlichen Raum

Die Gemeinde Ottersweier hat insgesamt 5 Ladesäulen aufgebaut. Dies sind 3 mit 22 kW pro Ladepunkt und 2 Ladesäulen mit bis zu 100 kW pro Ladepunkt. Eine Normalladesäule wurde im Herbst 2020 installiert, die weiteren Ladesäulen gingen im Herbst 2022 in Betrieb. Nach den bisher gesammelten Erfahrungen der Gemeinde werden die Schnellladesäulen wesentlich besser frequentiert. Zum einen ist die Anzahl der Ladevorgänge höher, zum anderen ist auch die Menge des geladenen Stroms wesentlich größer. Nach den bisher gesammelten Erfahrungen würde die Gemeinde beim weiteren Ausbau soweit möglich auf Schnellladesäulen setzen.

Standortwahl

Bei der Wahl des Standorts für die öffentliche LIS sind die unterschiedlichen Ladesäulentypen mit den unterschiedlichen Ladezeiten differenziert zu betrachten.

Bei den Ladepunkten bis 22 kW ist eine Standzeit des Fahrzeugs von mehreren Stunden gegeben. Hier sollten Standorte in der Nähe von Wohngebieten oder Arbeitsplätzen mit guten Parkmöglichkeiten priorisiert werden. Daher hat die Gemeinde Ottersweier die 22 kW-Ladesäulen in der Ortsmitte oder z. B. an der Sporthalle/Schule platziert. Diese Ladesäulen sollen das Ladeangebot insbesondere für Personen, welche keine eigene private Wallbox installieren können, ergänzen.

Schnellladesäulen mit einer Ladeleistung > 50 kW haben eine durchschnittliche Ladezeit von 30–60 Minuten. Sie dienen dem schnellen Aufladen des Fahrzeugs und sollten daher an größeren Verbindungsstraßen gut sichtbar platziert werden. Hier sollte gegebenenfalls eine Blockiergebühr in Betracht gezogen werden. Die Gemeinde Ottersweier verlangt hier beispielsweise zwischen 6 – 23 Uhr eine zusätzliche Gebühr, falls das Fahrzeug länger als 4 Stunden an die Ladesäule angeschlossen und der Parkplatz durch ein bereits geladenes Fahrzeug blockiert wird.

Betreiber des Backends

Der Gemeinde Ottersweier ist es wichtig, einen fairen Ladetarif ohne Gewinnerzielungsabsicht im Gemeindegebiet anbieten zu können. Daher hat sie sich dazu entschieden, den Betrieb der LIS selbst zu übernehmen.

Wichtig ist es hier ein Abrechnungssystem zu wählen, welches selbst keine eigenen zusätzlichen Gebühren beim Endverbraucher abrechnet, welche die Gemeinde nicht selbst in der Hand hat. Die Wahl des Backend-Betreibers ist ein wesentlicher Faktor für den Erfolg des Projekts.

Von dem Vertrieb eigener Ladekarten wurde bisher abgesehen, da dies mit erheblichen Fixkosten verbunden wäre. Aktuell gibt es viele verschiedenen Ladekartenanbieter (z. B. EnBW, Eon, Chargecloud) mit welchen durch das Roaming an der LIS der Gemeinde geladen werden kann. Daher gibt es aktuell keine Nachfrage für das Angebot einer eigenen RFID-Karte. Die Gemeinde bietet über den Adhoc-Tarif die Möglichkeit zum Tarif der Gemeinde...

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