Abzug von Vorkosten im Rahmen eines Beteiligungserwerbs
Dies bestimmt § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) EStG. Wird ein solcher Antrag gestellt, findet das Werbungskostenabzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG keine Anwendung. Das FG Berlin-Brandenburg hat sich mit der Frage beschäftigt, ob vorweggenommene Werbungskosten, welche im Vorjahr des Erwerbs der Beteiligung angefallen sind, im Wege des Teileinkünfteverfahrens nach § 3 Nr. 40 EStG (60 %) berücksichtigt werden können.
Fall des FG Berlin-Brandenburg
Der Kläger kaufte mit notariellen Verträgen vom 30.9.2015 alle Gesellschaftsanteile an einer GmbH von den bisherigen Gesellschaftern. Als Tag des Übergangs von Nutzen und Lasten war in beiden Verträgen der 2.1.2016 als dinglicher Übertragungsstichtag vereinbart. Es wurde bestimmt, dass der Verkäufer dem Käufer den verkauften Geschäftsanteil abtritt. Die Abtretung erfolgte aufschiebend bedingt, bis zur Zahlung des Kaufpreises, nicht jedoch vor dem 2.1.2016. Die Parteien waren sich jedoch darüber einig, dass als dinglicher Übertragungsstichtag der 2.1.2016 vorgesehen ist. Den Verkäufern sollten noch die Gewinne des Jahres 2015 nach der jeweiligen Beteiligung zustehen.
Für die erforderliche Finanzierung des Kaufpreises entstanden dem Kläger in 2015 Aufwendungen in Höhe von insgesamt 23.889,92 EUR für u. a. Kreditbearbeitungsgebühren, Bürgschaftsprovisionen etc. Diese Aufwendungen machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 2015 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Er beantragte für diese Einkünfte die Anwendung des tariflichen Einkommensteuersatzes und eine Verlustberücksichtigung i. H. v. 14.333 EUR (60 % von 23.889,92 EUR).
Finanzamt bezieht sich auf Gesetzeswortlaut
Das Finanzamt berücksichtigte den Verlust nicht, weil nach dem Gesetzeswortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) EStG der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag gestellt wird (also in 2015), zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt gewesen sein müsse. Der Kläger sei nach den Kaufverträgen vom 30.9.2015 aber erst ab dem 2.1.2016 (Übertragungsstichtag) an der GmbH zu mindestens 25 % beteiligt.
Sachlicher Zusammenhang mit zukünftigen Einnahmen?
Der Kläger dagegen vertritt die Auffassung, dass die Vorschrift teleologisch in der Weise erweitert ausgelegt werden müsse, dass auch sog. Vorkosten für den Erwerb von Beteiligungen nach den allgemeinen Regelungen zum Abzug erwerbsbedingter Aufwendungen steuerlich Berücksichtigung finden müssten.
Nach dem im Einkommensteuerrecht geltenden Nettoprinzip seien Aufwendungen unabhängig von ihrer zeitlichen Entstehung zu berücksichtigen, wenn ein sachlicher Zusammenhang mit (gegebenenfalls später erzielten) steuerpflichtigen Einnahmen besteht.Die Aufwendungen seien getätigt worden, um zukünftig Einkünfte in Form von Dividenden zu erlangen. Der sachliche Zusammenhang der Aufwendungen mit zukünftigen Einnahmen sei gegeben.
er Fall sei typisch, weil üblicherweise Firmen-(Beteiligungen) schon zu Abgrenzungszwecken zum 1.1. eines Jahres erworben würden. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, gerade die wesentlichen Kosten im Vorfeld eines Erwerbs unter Verstoß gegen das Nettoprinzip vom Abzug auszuschließen. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Abzug nur zulässig sei, wenn die Beteiligung mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft umfasst, mithin eine wesentliche unternehmerische Beteiligung besteht, müsse ein Abzug vorweggenommener Werbungskosten möglich sein. Denn bei einer solchen wesentlichen Beteiligung seien typischerweise wesentliche Aufwendungen für den Beteiligungs- und Refinanzierungserwerb zu erwarten.
FG auf der Seite des Finanzamts
Das FG Berlin-Brandenburg hat sich aber der Auffassung des Finanzamts angeschlossen (Urteil v. 3.5.2021, 7 K 7191/19). Entsprechend dem Wortlaut erfülle der Kläger den Tatbestand des § 32 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) EStG nicht.
Er war in 2015 nicht an der GmbH beteiligt. Er war weder Inhaber der von ihm erworbenen Anteile noch standen ihm diese Anteile schon im Jahr 2015 als wirtschaftliches Eigentum zu. Er hatte in 2015 zwar alle Verträge zum Erwerb der Beteiligung abgeschlossen. Die dingliche Wirkung der Abtretung sollte nach den Verträgen aber erst zum 2.1.2016 eintreten. Es wäre bereits in 2015 erforderlich gewesen, dass er bereits über die Anteile wie ein Eigentümer hätte verfügen können. Dazu hätte gehört, dass er schon im Jahr 2015 die Nutzungen aus den Anteilen hätte beanspruchen können. Dies war gerade nicht der Fall, da die Gewinne des Jahres 2015 noch den Verkäufern nach der jeweiligen Beteiligung zustanden.
Eine Anwendung auf vorweggenommene Werbungskosten, mithin auf Werbungskosten, die bereits entstanden sind, obwohl der Steuerpflichtige noch nicht an der betreffenden Kapitalgesellschaft beteiligt ist und auch in dem betreffenden Jahr des Abflusses der Werbungskosten nicht mehr beteiligt sein wird, kann auch nicht im Wege einer Auslegung von § 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a) EStG unter teleologischen Gesichtspunkten erfolgen.
Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung der Vorschrift das Ziel verfolgen, Erträge aus einer unternehmerischen Beteiligung gegenüber solchen aus einer Beteiligung privilegieren, die sich als lediglich private Vermögensverwaltung darstellt. Nur für diese Fälle sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die Erträge unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen. Die Optionsmöglichkeit ist dabei nach dem Wortlaut für Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 und 2 EStG aus einer unternehmerischen Beteiligung eröffnet. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass Kapitalerträge erzielbar sind. Dabei reicht die abstrakte Möglichkeit des Entstehens von Kapitalerträgen aus. Dies eröffne allerdings noch keine Anwendung auf Fallgestaltungen, bei denen mangels Beteiligung im Antragsjahr schon das abstrakte Vorliegen von Erträgen nicht möglich ist.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Das FG hat die Revision zugelassen, weil im Rahmen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG die Behandlung von vorweggenommenen Werbungskosten noch nicht höchstrichterlich entschieden ist. Vergleichbare Fälle können offen gehalten werden, bis der BFH (Az VIII R 17/21) entschieden hat.
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