Revision eingelegt (BFH IX R 29/23)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung der Kosten eines Insolvenzverfahrens als Werbungskosten im Zusammenhang mit privaten Veräußerungsgeschäften oder aus Vermietung und VerpachtungKosten des Insolvenzverfahrens auch keine außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners sind keine Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter.
2. Die Kosten des Insolvenzverfahrens sind im Streitfall auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, weil es auch hier an einem objektiven Veranlassungszusammenhang fehlt.
3. Die Kosten des Insolvenzverfahrens stellen auch keine außergewöhnliche Belastung dar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 23 Abs. 1, 3, § 33; InsO § 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigungsfähigkeit von Kosten eines Insolvenzverfahrens als Werbungskosten zu Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im Rahmen des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2017.
Nach Insolvenzanträgen der A Krankenkasse, der B Rentenversicherung sowie des Beklagten eröffnete das Amtsgericht Hamburg mit Beschluss vom ... 2016 wegen Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) über das Vermögen der Klägerin das (Regel-)Insolvenzverfahren. Eine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin, welche der Auffassung war, eine Zahlungsunfähigkeit sei nicht gegeben, blieb erfolglos. Zu den Insolvenzforderungen gehörten unter anderem Zahlungsansprüche aus einem Pachtvertrag betreffend die Jahre 1995 bis 1999 für eine ehemals von der Klägerin betriebene ...Anlage, Zahlungsansprüche aus einem Mietvertrag aus den Jahren 2005 und 2006 im Zusammenhang mit einem von der Klägerin in der Vergangenheit betriebenen Gastronomiebetrieb (C GbR) sowie offene Steuerberaterkosten der Klägerin für die Erstellung der Steuererklärungen der Jahre 2008 bis 2016. Schließlich wies das steuerliche Konto der Klägerin zum 10. November 2016 offene Steuerbeträge aus Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer zzgl. Annexsteuern für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2016 in Höhe von EUR ... zzgl. Säumniszuschlägen in Höhe von weiteren EUR ... aus. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung umfasste das Vermögen der Klägerin im Wesentlichen das Alleineigentum an zwei im Jahr 2009 bzw. 2010 erworbenen, vermieteten Mehrfamilienhäusern im Stadtgebiet der Freien und Hansestadt Hamburg (im Folgenden auch als die "Vermietungsobjekte" bezeichnet). Die Klägerin erzielte seit dem Erwerb der Vermietungsobjekte bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, mithin in den Jahren 2009 bis 2016, aus der Vermietung Gesamteinkünfte in Höhe von EUR .... Lediglich im ersten Jahr der Vermietung wurden Verluste in Höhe von EUR ... erzielt:
Jahr |
V & V Einkünfte aus den Vermietungsobjekten in EUR |
2009 |
- ... |
2010 |
... |
2011 |
... |
2012 |
... |
2013 |
... |
2014 |
... |
2015 |
... |
2016 |
... |
2009-2016 |
... |
Die Vermietungsobjekte wurden im Mai 2017 durch die Insolvenzverwalterin verwertet. Bei der Verwertung wurden Einnahmen in Höhe von EUR ... erzielt, denen Verbindlichkeiten in Höhe von EUR ... bestehend aus Aus- und Absonderungsrechten (EUR ...) und Verbindlichkeiten gegenüber sonstigen Insolvenzgläubigern (EUR ...) gegenüberstanden.
Im Rahmen der am 29. Mai 2018 elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2017 wurden Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von EUR ... und EUR ... mithin in Höhe von insgesamt EUR ... aus dem Verkauf der Vermietungsobjekte erklärt. Die erklärten Werbungskosten enthielten keine Kosten des Insolvenzverfahrens. Dabei wurde die Einkommensteuererklärung 2017 von der Insolvenzverwalterin der Klägerin veranlasst und inhaltlich bestimmt, ohne dass der Klägerin von dieser eine Mitsprachemöglichkeit eingeräumt wurde. Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom xx. September 2018, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, berücksichtigte der Beklagte - abweichend von der Erklärung, jedoch der Höhe nach unstreitig und daher für das vorliegende Verfahren unerheblich - sodann Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von EUR ... und von EUR ..., mithin in Höhe von insgesamt EUR ....
Am 11. Oktober 2018 legte die Klägerin gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom xx. September 2018 aus für dieses Verfahren unerheblichen Gründen Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom xx. September 2019 als unbegründet zurückwies. Dabei entschied der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom xx. September 2019, dass die Steuerfestsetzung weiterhin vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) sei, soweit dies den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid 2017 vom xx. September 2018 zu entnehmen sei; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Am xx. September 2019 änderte der Beklagte aus für dieses Verfahren unerheblichen Gründen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom...