0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes (Wohngeld-Plus-Gesetz) v. 5.12.2022 (BGBl. I S. 2160) mit Wirkung zum 1.1.2023 in das SGB II eingefügt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift bestimmt übergangsweise, dass das Wohngeld als vorrangige Leistung nach § 12a Satz 1 vorübergehend nicht in Anspruch genommen werden muss. Das gilt für Leistungsberechtigte nach dem SGB II mit einem laufenden Bewilligungsabschnitt nach § 41 am Tag vor dem Inkrafttreten des Wohngeld-Plus-Gesetzes am 1.1.2023, also am 31.12.2022, und für Leistungsberechtigte, deren Bewilligungsabschnitt in der Zeit v. 1.1.2023 bis 30.6.2023 beginnt.

 

Rz. 3

Durch die Stärkung des Wohngeldes erwirbt nach der Gesetzesbegründung eine Vielzahl von Bürgern einen Anspruch auf Wohngeld. Dies kann auch auf Bürger zutreffen, die zum Inkrafttreten des Wohngeld-Plus-Gesetzes Bürgergeld beziehen. Für diese Bürger müssten die Jobcenter rechtzeitig ermitteln, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht, und die Bürger dann zur Antragstellung auffordern. Dies würde einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand zur Folge haben. Gleichzeitig hätten die Wohngeldbehörden mit einer Vielzahl von Neuanträgen auf Wohngeld rechnen müssen, bei denen bei Bewilligung zunächst Erstattungsansprüche der Jobcenter zu befriedigen gewesen wären. Auch das begründete einen hohen Verwaltungsaufwand.

 

Rz. 4

Die Regelung diente daher dem Ziel, Verwaltungsaufwand zu vermeiden, der durch die aus dem Nachrangprinzip des SGB II resultierenden Aufforderungen der Jobcenter, Wohngeld zu beantragen, resultieren würde.

 

Rz. 5

Zudem wäre der Mehraufwand mit der Einführung des Bürgergeldes in den Jobcentern zusammengefallen. Mit dem Wegfall der Pflicht, Wohngeld zu beantragen, entfällt auch die Befugnis der Jobcenter, zur Antragstellung aufzufordern. Sofern ab 1.7.2023 Bewilligungszeiträume aufgrund eines Neuantrages oder eines Weiterbewilligungsantrages neu beginnen, ist die Vorrangprüfung wieder durchzuführen. Sofern jedoch Leistungsberechtigte selbst einen Antrag auf Wohngeld stellen, sind diese Anträge durch die Wohngeldbehörden zu bearbeiten. Bürgergeld war in diesem Fall bis zur Aufnahme der Wohngeldzahlung laufend weiterzuzahlen.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 6

§ 85 entbindet Leistungsberechtigte nach dem SGB II von einer Antragstellung auf Wohngeld als vorrangige Leistung. Folglich dürfen Jobcenter während der Gültigkeit des § 85 Leistungsberechtigte auch nicht zur Antragstellung auf Wohngeld auffordern.

 

Rz. 7

Eine Aufforderung zu einer entsprechenden Antragstellung war daher zuletzt vor Inkrafttreten des § 85 möglich, wenn der im Jahr 2022 laufende Bewilligungsabschnitt spätestens am 30.12.2022 endete, was in der Praxis der Jobcenter nur sehr selten vorkommt. Zur Vermeidung einer Antragstellung auf Wohngeld genügte es daher schon, wenn der Bewilligungsabschnitt am 31.12.2022 ausgelaufen ist.

 

Rz. 8

Ferner gilt die Entbindung für neue Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1.1.2023 bis 30.6.2023 beginnen. Die Entbindung reicht bis zum Ablauf eines solchen Bewilligungsabschnittes, also ohne Weiteres bis zum 31.5.2024 bei Bewilligungszeiträumen von 12 Monaten (theoretisch bis zu einem am 29.6.2023 endenden Bewilligungszeitraum).

 

Rz. 9

Der Gesetzgeber hatte mit § 85 die Leistungsberechtigten im Blick, die durch das verbesserte Wohngeldrecht erst anspruchsberechtigt werden. Andernfalls war Wohngeld ja schon zuvor nach § 12a Satz 1 in Anspruch zu nehmen. Der Bewilligungszeitraum nach § 25 WoGG, der bis zu 24 Monate betragen kann, ist bedeutungslos.

 

Rz. 10

Der Schutz des § 85 erfasst damit auch neue Leistungsfälle nach dem SGB II, deren Bewilligungsabschnitt erstmals am 1.1.2023 oder bis zu 30.6.2023 beginnt. Das dient der Vermeidung von Aufwand für die Wohngeldstellen zur Anpassung der Wohngeldfälle an das neue Recht.

 

Rz. 11

Die Vorschrift verwehrt es dem Leistungsberechtigten nicht, gleichwohl Wohngeld zu beantragen, das sodann auch als vorrangige Leistung durch das Jobcenter zu behandeln ist.

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