BGH Haftung wegen Selbstentzündung eines Kfz

Gerät ein geparktes Kraftfahrzeug durch eine selbstständige Entzündung einer Betriebseinrichtung in Brand und entstehen dadurch Schäden an Rechtsgütern Dritter, so ist die Haftpflichtversicherung des in Brand geratenen Kfz regelmäßig eintrittspflichtig.

Dies geht aus einer Grundsatzentscheidung des BGH hervor: Im Januar 2012 wurde der bei der Beklagten haftpflichtversicherte Pkw in der Tiefgarage eines Hausanwesens abgestellt. Circa 36 Stunden später geriet der Pkw aufgrund einer Selbstentzündung durch einen technischen Defekt in Brand. Hierdurch wurde ein daneben geparkter Pkw schwer beschädigt. Der Halter des beschädigten Fahrzeug verlangte von dem Halter des in Brand geratenen Fahrzeugs und dessen Haftpflichtversicherung Schadensersatz. Diesen lehnte die Versicherung mit der Begründung ab, zwischen der Inbetriebnahme des Fahrzeugs und der Selbstentzündung bestehe kein innerer sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mehr. Die Haftpflichtversicherung sei nur verantwortlich für Schäden, die beim Betrieb eines Fahrzeugs oder in unmittelbarem Zusammenhang damit entstünden. Der Geschädigte machte seine Ansprüche daraufhin gerichtlich geltend.

Haftungsnorm ist weit auszulegen

Das AG lehnte die Klage auf Schadensersatz zunächst ab, das Berufungsgericht gab ihr statt. Der anschließend mit der Sache befasste BGH stellte anhand der Fallgestaltung grundlegende Auslegungsregeln zur Haftungsnorm des § 7 Abs. 1 StVG auf. Nach dieser Rechtsnorm setzt die Haftung eines Schadensverursachers voraus, dass Rechtsgüter eines Dritten „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ verletzt oder beschädigt werden. Dieser Haftungsnorm kommt nach Auffassung des BGH ein umfassender Schutzzweck zu. Die hiernach erforderliche weite Auslegung sei der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeuges in erlaubter Weise eine Gefahrenquelle eröffnet wird.

Längerer Zeitablauf zerstört den Ursachenzusammenhang nicht

Das Gebot der weiten Auslegung führt nach Auffassung des BGH dazu, dass ein Schaden bereits dann als beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden anzusehen ist, wenn sich in dem konkret entstandenen Schaden die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden typischen Gefahren verwirklicht haben und/oder das Schadensgeschehen durch diese Gefahren mitgeprägt worden ist (BGH, Urteil v. 27.11.2007, VI ZR 210/06; BGH, Urteil v. 26.02.2013, VI ZR 116/12). Für die Zurechnung sei dabei nicht entscheidend, ob ein Fahrzeug bereits seit einem längeren Zeitraum parke oder nicht.

Haftungsnorm umfasst auch technische Defekte

Im Rahmen dieser weiten Auslegung ist nach Auffassung des BGH aber immer auch zu prüfen, ob der Schaden, für den Ersatz verlangt wird, auf die Gefahren zurückzuführen ist, hinsichtlich der der Geschädigte nach dem Sinn des § 7 Abs. 1 StVG schadlos gehalten werden soll (BGH, Urteil v. 31.01.2012, VI ZR 43/11). Nach diesen Zurechnungskriterien wurde im vorliegenden Fall nach Auffassung des BGH der Schaden durch den Defekt einer Betriebseinrichtung des versicherten Kfz verursacht, der zu den spezifischen Auswirkungen derjenigen Gefahren gehöre, für die § 7 StVG gilt. Rechtlich mache es dabei keinen Unterschied, ob der Brand am stehenden Fahrzeug, z. B. durch den Kurzschluss der Batterie, oder während der Fahrt eintrete. Die Haftung darf bei technischen Defekten nicht leer laufen, so der BGH. Würde man nur Schäden ersetzen, die durch den unmittelbaren Fahrbetrieb selbst und dessen direkte Nachwirkungen verursacht werden, so entstehe eine nicht hinzunehmende Haftungslücke. Anders als etwa bei der vorsätzlichen Inbrandsetzung eines auf einem Parkplatz abgestellten Fahrzeuges sei bei der Selbstentzündung einer Betriebseinrichtung ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Betrieb des Kfz im Sinne von § 7 StVG gegeben. In einem solchen Fall müsse die Haftpflichtversicherung grundsätzlich zahlen.

(BGH, Urteil v. 21.01.2014, VI ZR 253/13)

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