Interne Auseinandersetzungen in der Kanzlei

Interne Kommunikation und Feedback-Kultur sind nicht zu unterschätzende Erfolgsfaktoren – auch in Anwaltskanzleien. Wie können Sie mit alltäglichem „Knatsch“ umgehen, dessen Ursachen schwer greifbar sind?

Der praktische Fall

Claudia war sauer. Da hatte sie als HR-Partnerin wirklich keinen Zweifel daran gelassen, dass sie zusammen mit der neuen PR-Partnerin Anna dringend etwas klären musste. Und das hatte sie auch nicht in missverständlichen Formulierungen versteckt oder mit zeitraubenden Weichspülsätzen garniert. „Asap rü zm!“ – die Botschaft war im Kanzleijargon eindeutig. So schnell wie möglich sollte die Kollegin zu ihr kommen. Aber die Kollegin reagierte nicht. Als Claudia schließlich verärgert in Annas Tür stand, zuckte die nur mit den Schultern. So lasse sie nicht mit sich reden, die Aufforderung zu ignorieren, sei das Höflichste gewesen, was Claudia erwarten könne. Ganz klar, Freunde würden die beiden nicht mehr werden. Die Zusammenarbeit beschränkte sich danach auf ein Minimum.

Konflikte erzeugen Synergieverluste

Konflikte erzeugen Reibungsverluste: Synergien werden nicht genutzt, Geschäftschancen verpasst. In Anwaltskanzleien ist das im Prinzip nicht anders als anderswo ... nur mit ein paar zusätzlichen „scharfen Kanten“. Anwältinnen und Anwälte sind es gewohnt, bei fremden Texten zunächst in eine Abwehrhaltung zu gehen. Sie auf kritische Stellen abzuklopfen, ist ihr tägliches Geschäft. Und wenn es zu gegenseitigen Verärgerungen kommt, verhindern flache Hierarchien ein Eingreifen „von oben“. Zudem gilt in kaum einem anderen Beruf so sehr das Credo „Zeit ist Geld“. Die Folge: Gegenseitiger Ärger bleibt im Raum stehen, gerade dann, wenn vordergründig kein Klärungsbedarf besteht. Im Beispiel nimmt Anna ihre Kollegin Claudia als unfreundlich wahr, während Claudia ihre Kollegin als überempfindlich betrachtet.

Erwägen Sie Vereinbarungen

In einer idealen Anwaltswelt würden sich alle Beteiligten rechtzeitig, z. B. bei der nächsten Besprechung, über ihre Erwartungen an die gegenseitigen Umgangsformen austauschen.

„Hier wird nicht gebrüllt, hier gibt es keine Ausrufezeichen, aber auf Anrede und Grußformel können wir im internen Verkehr verzichten. Und wenn es wirklich dringend ist, suchen alle den persönlichen Kontakt. Wer dagegen verstößt, muss einen Fünfer mehr in die Kaffeekasse legen“

In einem konkreten Fall konnte die Autorin dieser Zeilen eine entsprechende Formulierung tatsächlich in etwa so einführen.

Denken Sie weiter

Wem diese oder ähnliche Formulierungen zu viel des Guten sind, für den gibt es auch eine mildere Variante: Denken Sie sich einfach Ihren Teil! Partnerin Claudia trägt einen zackigen Kurzhaarschnitt und erscheint meist in Hosenanzügen. Das sagt etwas über sie aus – genauso wie Annas lange Haare und Kostüme. Vielleicht hat Anna deshalb, ihrem Naturell entsprechend, nur eine schnörkellose Sachaussage gemacht. Nichts anderes sollte Claudia heraushören. Und an Anna gerichtet: Es gibt Menschen, die mehr Wert auf eine korrekte Ansprache legen als sie selbst. Wenn sie diese Zeitgenossen erreichen will, muss sie sich ein Stück weit an deren Empfängerhorizont anpassen.

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