Der subjektive Tatbestand einer jeden Straftat oder Ordnungswidrigkeit kann sich bekanntermaßen als Absicht, direkter Vorsatz, Eventualvorsatz, bewusste Fahrlässigkeit oder "einfache" Fahrlässigkeit darstellen.[5] Der BGH hat dabei weitgehend vorgegeben, wie zwischen Eventualvorsatz und (bewusster) Fahrlässigkeit als "Maximalmöglichkeit" der Fahrlässigkeit abzugrenzen ist:

Vorsätzlich handelt, wer mit der Tatbestandsverwirklichung in dem Sinne einverstanden ist, dass er sie billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein.[6] Dies soll bereits dann der Fall sein, wenn sich der Betroffene in einer Weise vom Verkehrsgeschehen abwendet, dass Regelverstöße billigend von ihm in Kauf genommen werden.[7]

Eine bewusste Fahrlässigkeit liegt jedoch dann vor, wenn der Täter mit der Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und gleichzeitig ernsthaft darauf vertraut, dass schon alles gut gehen und der Tatbestandserfolg nicht eintreten werde.[8] Das Problem, einen konkreten Lebenssachverhalt im Rahmen eines Verkehrsverstoßes (von dem ja oftmals nur ein in einem Bruchteil einer Sekunde aufgenommenes Foto existiert) unter derartige Definitionen zu subsumieren, liegt auf der Hand. Letztlich geht es hier nur um die Frage, welche Feststellungen überhaupt getroffen werden können und welche Feststellungen man ausreichen lässt, um dem Tatrichter den Sprung von der Fahrlässigkeit auf die nächste Stufe des Vorsatzes rechtsfehlerfrei zu ermöglichen.

[5] Zum subjektiven Tatbestand bei Geschwindigkeitsüberschreitungen: Fromm DAR 2019, 375.
[6] BGH, Urt. v. 4.11.1988 – 1 StR 262/88 = BGHSt 36, 1 (9) = NJW 1989, 781; BGH, Urt. v. 11.12.2001 – 5 StR 419/01 = NStZ 2002, 315 (316); BGH, Beschl. v. 23.4.2003 – 2 StR 52/03 = NStZ 2003, 603.
[8] BGH, Urt. v. 4.11.1988 – 1 StR 262/88 = BGHSt 36, 1 (9) = NJW 1989, 781; BGH NStZ 2002, 315 (316) und NStZ 2003, 603.

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