Leitsatz

Für Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen den Mieter einer Wohnung (hier: Aufzugsbeschädigung des Mieters bei auszugsbedingtem Möbeltransport) gilt nicht die kurze mietrechtliche Verjährungsvorschrift des § 548 Abs. 1 BGB, sondern die Regelverjährung nach § 195 BGB

 

Normenkette

§§ 195, 548 BGB

 

Kommentar

  1. Beim Transport von Möbeln im Aufzug wurde von den ausziehenden Mietern einer Wohnung diese gemeinschaftliche Einrichtung ganz erheblich beschädigt (Edelstahlpaneelen im Aufzugsinneren mit einer Schadenssumme von knapp 7.000 EUR). Entsprechende Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft gegen die Mieter wurden hier an den Kläger abgetreten; diese haben die Einrede der Verjährung nach § 548 Abs. 1 BGB (6-Monatsfrist) erhoben. Von entsprechender Verjährung gingen auch die Vorinstanzen aus. Die Revision hatte allerdings Erfolg, weshalb die Sache an das Oberlandesgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde, damit dort noch die erforderlichen Feststellungen zur Berechtigung des Schadensersatzes nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffen werden können.
  2. Vorliegend gilt für die Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft nach §§ 823 Abs. 1, 398 BGB die Regelverjährung von 3 Jahren nach § 195 BGB. Die kurze Frist von Ansprüchen eines Vermieters gegen seinen Mieter sind auf solche Schadensersatzansprüche der Gemeinschaft wegen Beschädigung des Gemeinschaftseigentums durch den Mieter einer Wohnung gemäß § 548 Abs. 1 BGB nicht anwendbar (beginnend mit der Rückgabe der Mietsache an den Vermieter).

Auch eine analoge Anwendbarkeit dieser Bestimmung nach h.M. ist bei solchen Ansprüchen Dritter schon nach dem Regelungswortlaut nicht anzunehmen. Zwischen Gemeinschaft und Mieter gibt es keine wirtschaftliche Verflechtung; auch ist nicht aus sonstigen Gründen die Verschiedenheit zwischen Eigentümer und Vermieter nur zufälliger Natur. Die Gemeinschaft ist am Mietvertrag nicht beteiligt. Für eine analoge Anwendbarkeit des § 548 BGB fehlt bereits eine Gesetzeslücke; zudem ist nicht von einer vergleichbaren Interessenlage wie zwischen Vermieter und Mieter auszugehen. Eine (nur) zufällige Personenverschiedenheit liegt in Bezug auf das Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vor, sodass auch nicht von einer Aushöhlung des Anwendungsbereichs des § 548 BGB zu sprechen ist. Eine Gemeinschaft hat keinen Einfluss darauf, ob und an wen eine Wohnung vermietet wird. Nach dem Sinn des § 548 BGB geht es allein um Rechte und Interessen eines Vermieters. Die Gemeinschaft hat eine ganz andere Interessenlage, sodass deren Ansprüche nicht den Sondervorschriften des Mietrechts zu unterwerfen sind. Eine Gemeinschaft hat vielfach auch keine Kenntnis vom Auszug eines Mieters; damit besteht für die Gemeinschaft keine Veranlassung, das dem Mieter zum Mitgebrauch überlassene Gemeinschaftseigentum (Hauseingangsbereich, Treppenhaus und Aufzug) zeitnah zum Auszug oder der Rückgabe der Wohnung untersuchen zu müssen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 29.6.2011, VIII ZR 349/10

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