Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020[1] regelt das Gesetz erstmals in § 25 Abs. 3 WEG ein Formerfordernis für Vollmachten. Hiernach bedürfen Vollmachten zu ihrer Gültigkeit der Textform.

Vereinbarte Formvorschrift

Durch Vereinbarung, also insbesondere in der Gemeinschaftsordnung, können strengere Formvorschriften – insbesondere die Schriftform – geregelt werden. Ist insoweit Schriftform der Bevollmächtigung erforderlich, muss das Vollmachtsexemplar die Originalunterschrift des bevollmächtigenden Wohnungseigentümers enthalten. Nicht ausreichend wären insoweit eine Kopie oder ein Telefax.[2] Auch kann sich der Vertreter gegenüber dem Verwalter nicht darauf berufen, bereits aufgrund schriftlicher Vollmacht in vergangenen Versammlungen für den vertretenen Eigentümer aufgetreten zu sein.[3]

Entstammt eine derartige Vereinbarung aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des WEMoG, ist diese vor dem Hintergrund des § 47 WEG auszulegen. § 47 WEG regelt:

Zitat

1Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2187) geändert wurden, stehen der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. 2Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen.

Der Gesetzgeber sieht dies deshalb als notwendig an, weil viele Gemeinschaftsordnungen den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden Gesetzestextes einfach wiederholt haben. Dies ist aber gerade bei einem vereinbarten Schriftformerfordernis bezüglich Vertretungsvollmachten nicht der Fall.

Was nun vereinbarte Formvorschriften für die Erteilung von Vertretungsvollmachten betrifft, so ist festzustellen, dass das Wohnungseigentumsgesetz bis zum Inkrafttreten des WEMoG niemals besondere Formvorschriften für eine Bevollmächtigung von Vertretern der Wohnungseigentümer enthalten hatte. Es gibt hier also keinen Gesetzestext, den die Verfasser einer Gemeinschaftsordnung textlich wiederholen konnten. Für derartige Fälle wird man aber annehmen dürfen, dass § 25 Abs. 3 WEG die Schriftform tatsächlich durch die Textform für Vollmachten ablöst. Jedenfalls hat der Gesetzgeber erstmals eine Formvorschrift statuiert, weil er es vermeiden möchte, dass Stimmen von Vertretern der Wohnungseigentümer unter Berufung auf § 174 BGB zurückgewiesen werden können.

Etwas anderes müsste aber dann gelten, wenn nach Inkrafttreten des "Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr" vom 13.7.2001 ausdrücklich die Schriftform für Vollmachten vorgeschrieben wurde. Denn in Kenntnis der Textformmöglichkeit, hatte sich der Verfasser der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung gerade gegen die Textform entschieden. Insoweit dürfte durchaus der Wille zu unterstellen sein, keine dynamische Regelung, sondern vielmehr eine statische zu schaffen. Allerdings kann dies nicht abschließend beurteilt werden, derartige Unklarheiten wird vielmehr die Rechtsprechung klären müssen.

Sollte eine Vereinbarung innerhalb der Gemeinschaft existieren, nach der die Bevollmächtigung des Vertreters der Schriftform bedarf und von deren Weitergeltung auf Grundlage des Vorausgeführten auszugehen ist, ist unbedingt die Regelung in § 174 BGB zu beachten. Hiernach ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Bei der Stimmabgabe handelt es sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft, da sie auf eine Beschlussfassung gerichtet ist und Beschlüsse einseitige Willenserklärungen gleichgerichtet bündeln. Eine Vollmachtsurkunde muss die Originalunterschrift des Vollmachtausstellers[4] enthalten.

Kann nun der Vertreter des Wohnungseigentümers seine Vollmacht nicht formgerecht nachweisen, kann der Verwalter und auch jeder andere Versammlungsteilnehmer die Stimmabgabe zurückweisen.[5] Die Stimme ist dann ungültig. Es ist vom Nichtbestand der Vollmacht auszugehen. Dieser Grundsatz gilt selbstverständlich auch für den Vollmachtnachweis in Textform. Genügt die Vollmacht nicht der Textform, so ist von ihrer Nichtexistenz auszugehen und der Bevollmächtigte darf nicht an der Versammlung teilnehmen, so es sich nicht um einen Wohnungseigentümer handelt.

 

Aufgepasst in der Eigentümerversammlung

Verwalter sollten Einwände von Wohnungseigentümern ernst nehmen, die eine unzureichende Vollmacht rügen. Berücksichtigt der Verwalter jedenfalls trotz Rüge die Stimme des nicht ordnungsgemäß Bevollmächtigten und wirkt sich die Stimmabgabe auf das Beschlussergebnis aus, ist der entsprechend verkündete Beschluss bereits aus diesem Grund erfolgreich anfechtbar.[6] Der Verwalter riskiert hier auch eine Inregressnahme durc...

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