Bekanntlich muss ein Wohnungseigentümer, um sein Stimmrecht ausüben zu können, nicht persönlich in einer Eigentümerversammlung anwesend sein. Er kann sich insoweit durch Dritte vertreten lassen. Allerdings ist nicht abschließend geklärt, ob durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Möglichkeit der Vertretung und somit auch der Stimmrechtsvertretung in der Wohnungseigentümerversammlung gänzlich ausgeschlossen werden kann. Da das Stimmrecht allerdings zu den unverzichtbaren Mindestverwaltungsrechten des Wohnungseigentümers zählt, dürfte dies zu verneinen sein. Auch für den Fall der Verhinderung eines Wohnungseigentümers an der Teilnahme einer Eigentümerversammlung muss sichergestellt sein, dass er dennoch die Möglichkeit hat, eine in seinem Sinn liegende Abstimmung zumindest durch Stimmabgabe seines Vertreters zu ermöglichen. Ist durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Möglichkeit gewillkürter Vertretung nicht beschränkt, kommt als Stimmrechtsvertreter grundsätzlich jede beliebige Person infrage.

1.7.1 Vereinbarte Beschränkungen beachten

Vielfach wird der Kreis der möglichen Stimmrechtsvertreter durch Vereinbarung – insbesondere in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung – beschränkt. Insoweit finden sich häufig Regelungen, wonach zur Vertretung des Wohnungseigentümers in der Wohnungseigentümerversammlung und somit auch zur Ausübung seines Stimmrechts nur andere Wohnungseigentümer, der Verwalter oder der Ehegatte des Wohnungseigentümers berechtigt sind. Derartige Beschränkungen sind grundsätzlich zulässig und zu beachten. Insoweit ist längst auch geklärt, dass dem Ehegatten der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gleichgestellt ist. Weiter ist insoweit geklärt, dass auch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem Ehegatten dann gleichgestellt ist, wenn sich die Partnerschaft mit gemeinsamen Kindern über Jahre hinweg nach außen verfestigt hat.[1] Längst geklärt ist insoweit auch, dass derartige Vertretungsbeschränkungen im Einzelfall dann nicht greifen, wenn dies gegen Treu und Glauben verstoßen würde.[2] Ist etwa der Ehegatte zur Vertretung aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, der Wohnungseigentümer mit den übrigen Wohnungseigentümern völlig zerstritten und erst unmittelbar vor der Versammlung ein neuer Verwalter bestellt worden[3], ist auch ein anderer Vertreter zuzulassen.

[2] OLG Hamburg, Beschluss v. 24.1.2007, 2 Wx 93/06, ZMR 2007, 477.
[3] Vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 25 Rn. 88.

1.7.2 Vollmachtsnachweis

Seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) am 1.12.2020[1] regelt das Gesetz erstmals in § 25 Abs. 3 WEG ein Formerfordernis für Vollmachten. Hiernach bedürfen Vollmachten zu ihrer Gültigkeit der Textform.

Vereinbarte Formvorschrift

Durch Vereinbarung, also insbesondere in der Gemeinschaftsordnung, können strengere Formvorschriften – insbesondere die Schriftform – geregelt werden. Ist insoweit Schriftform der Bevollmächtigung erforderlich, muss das Vollmachtsexemplar die Originalunterschrift des bevollmächtigenden Wohnungseigentümers enthalten. Nicht ausreichend wären insoweit eine Kopie oder ein Telefax.[2] Auch kann sich der Vertreter gegenüber dem Verwalter nicht darauf berufen, bereits aufgrund schriftlicher Vollmacht in vergangenen Versammlungen für den vertretenen Eigentümer aufgetreten zu sein.[3]

Entstammt eine derartige Vereinbarung aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des WEMoG, ist diese vor dem Hintergrund des § 47 WEG auszulegen. § 47 WEG regelt:

Zitat

1Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2020 getroffen wurden und die von solchen Vorschriften dieses Gesetzes abweichen, die durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2187) geändert wurden, stehen der Anwendung dieser Vorschriften in der vom 1. Dezember 2020 an geltenden Fassung nicht entgegen, soweit sich aus der Vereinbarung nicht ein anderer Wille ergibt. 2Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen.

Der Gesetzgeber sieht dies deshalb als notwendig an, weil viele Gemeinschaftsordnungen den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden Gesetzestextes einfach wiederholt haben. Dies ist aber gerade bei einem vereinbarten Schriftformerfordernis bezüglich Vertretungsvollmachten nicht der Fall.

Was nun vereinbarte Formvorschriften für die Erteilung von Vertretungsvollmachten betrifft, so ist festzustellen, dass das Wohnungseigentumsgesetz bis zum Inkrafttreten des WEMoG niemals besondere Formvorschriften für eine Bevollmächtigung von Vertretern der Wohnungseigentümer enthalten hatte. Es gibt hier also keinen Gesetzestext, den die Verfasser einer Gemeinschaftsordnung textlich wiederholen konnten. Für derartige Fälle wird man aber annehmen dürfen, dass § 25 Abs. 3 WEG die Schriftform tatsächlich durch die Textform für Vollmachten ablöst. Jedenfalls hat der Gesetzgeber erstmals eine Formvorschrift statuiert, weil er es vermeiden möchte, dass Stimmen von Vertretern der Wohnungseigentümer unter Berufung auf § 174 BGB zurückgewiesen we...

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