Tenor

Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen mit der angefochtenen Entscheidung wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften zu der Geldbuße von 2000,-- € verurteilt und ihm - mit Gestaltungsmöglichkeit gemäß § 25 Abs. 2a StVG - für die Dauer von zwei Monaten verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 15. Januar 2022 - aus Frankfurt kommend - zwischen dem Autobahnkreuz Köln Ost und der Anschlussstelle Merheim in Fahrtrichtung Olpe den mittleren der drei Fahrstreifen der BAB 4 mit seinem Pkw. In Höhe des Kilometers 86,17 überschritt er im - "nicht zuletzt durch Fahrbahnmarkierungen" zu erkennenden - Baustellenbereich die durch Zeichen 274 (zunächst im Übergangsbereich BAB 3/4 bei km 137,76 bzw. 173,68, sodann auf der BAB 4 bei km 85,36 sowie bei km 86,1) angeordnete höchstzulässige Geschwindigkeit von 60 km/h um - bereinigt - 101 km/h. Die Messung erfolgte mit einem gültig geeichten Messgerät des Typs Vitronic PoliScan M1 HP.

Die Annahme, der Betroffene habe die höchstzulässige Geschwindigkeit (bedingt) vorsätzlich überschritten, hat das Amtsgericht wie folgt begründet:

"Wesentliches Indiz für den jedenfalls bedingten Vorsatz des Betroffenen ist die deutliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 168 %, nämlich um 101 km/h. Das Gericht geht insoweit von dem in der Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz aus, nach welchem einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird. Dem steht hier nicht entgegen, dass sich um eine Fahrt auf einer BAB handelte, auf denen regelmäßig keinerlei Geschwindigkeitsbegrenzung gilt. Denn dass für den konkreten Streckenabschnitt eine außerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung galt, war für den Betroffenen nicht nur aufgrund der unter II. festgestellten Beschilderung, sondern bereits aufgrund der optischen Einrichtung als Baustellenbereich offenkundig. Dass der Betroffene diese nicht als Anlass für eine erhöhte Sorgfalt bei der Beobachtung der wechselnden Beschilderung nahm, sondern vielmehr der nach eigener Einlassung maßgeblichen Erwartung nachgab, seine nicht mehr weit entfernte Heimatadresse schnell zu erreichen, hat das Gericht als ausreichendes Indiz für Tatvorsatz gesehen."

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat Verwerfung der Rechtsbeschwerde beantragt.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 OWiG statthafte, Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsbeschwerde des Betroffenen erzielt in der Sache den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet.

1.

Soweit der Betroffene - der Sache nach - das tatrichterliche Verfahren beanstandet, dringt er damit nicht durch. Seine Rügen sind jedenfalls unbegründet:

a)Das gilt zunächst für die Beanstandung, eine für den Betroffenen geltende Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h mit Zeichen 274 zu § 41 StVO werde durch die eingeführten Unterlagen - namentlich die Dienstanweisung für die Messstelle und den Beschilderungsplan (vom Betroffenen unzutreffend als "Bauphasenplan" bezeichnet) - nicht belegt.

Mit der sogenannten "Inbegriffsrüge" (Rüge der Verletzung des § 261 StPO) kann geltend gemacht werden, eine in die Hauptverhandlung eingeführte Urkunde habe nicht den ihr im Urteil zugeschriebenen Inhalt (allgemein: Meyer-Goßner/Schmitt-Schmitt, StPO, 66. Auflage 2023, § 261 Rz. 44 m. N.).

Dieser Rüge bleibt hier der Erfolg versagt, weil sich den genannten Unterlagen jedenfalls in einer Gesamtschau entnehmen lässt, dass die festgestellte Geschwindigkeitsbeschränkung auch nach Verlassen des Autobahnkreuzes Köln-Ost für den Betroffenen angeordnet war.

b)

Soweit die Rechtsbeschwerde meint, das Tatgericht hätte sich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von der Richtigkeit der Geschwindigkeitsmessung überzeugen müssen, dringt auch das nicht durch:

aa)

Durch die auf einer Seite abgeschrägte Form des auf dem Messbild befindlichen Auswerterahmens musste sich das Tatgericht nicht zu weiterer Beweiserhebung gedrängt sehen. Diese Form ist bei Messgeräten des Typs Poliscan Speed nicht ungewöhnlich (s. die Darstellung bei Burhoff/Grün-H.-P. Grün/M. Grün/R. Schäfer, Messungen im Straßenverkehr, 6. Auflage 2023, § 1 Rz. 863: "verwertbar") und gibt für sich genommen keinen Anlass, an der Zuverlässigkeit des Messergebnisses zu zweifeln.

bb)

Soweit mit der Rech...

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