Verfahrensgang

LG Mainz (Aktenzeichen 1 O 71/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 15. April 2021 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten mit dem Vorwurf notarieller Amtspflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte ist Notar mit Amtssitz in ...[Z]. Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH, die als Verlag für moderne Technologien und Datensicherheit Informationen publiziert und Software erstellt. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist ihre jetzige Geschäftsführerin ...[A]. Ursprünglich war deren Ehemann, ...[B], entsprechend dem Handelsregister - bis zu seiner am 26. Juli 2019 im Handelsregister eingetragenen Abberufung - alleiniger, von § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der Klägerin.

Die Klägerin war Eigentümerin des Anwesens ...[Y] in ...[X]. Am 18. April 2019 veräußerte die Klägerin, vertreten durch ihren damaligen Geschäftsführer ...[B], dieses Anwesen an ...[C] zu einem Kaufpreis von 670.000,00 EUR. Der Kaufvertrag einschließlich der Auflassung wurde durch den Beklagten notariell beurkundet, Urkundenrollen-Nummer ...7/19, nachdem dieser sich durch Einsichtnahme in das Handelsregister versichert hatte, dass der damalige Geschäftsführer über eine entsprechende Vertretungsmacht verfügte.

Gemäß § 3 des notariellen Kaufvertrages sollten unmittelbar an den Verkäufer zu leistende Zahlungen auf das Konto der Klägerin bei der ...[D]bank mit der IBAN: DE ... 14 gezahlt werden.

Mit Schreiben auf dem Briefpapier der Klägerin vom 21. Mai 2019 teilte der damalige Geschäftsführer ...[B] dem Beklagten mit, der restliche Kaufpreis solle "wegen des geplanten Erwerbs des Grundstücks in der Schweiz" auf ein privates Konto des Geschäftsführers in der Schweiz gezahlt werden. Daraufhin forderte der Beklagte den Käufer mit Schreiben vom 4. Juni 2019 auf, neben der Forderung der ...[D]bank, der Forderung der Verbandsgemeinde ...[W] am Rhein sowie einer Zahlung auf das Notaranderkonto des Beklagten, den restlichen Kaufpreis auf das Konto des damaligen Geschäftsführers in der Schweiz zu überweisen.

Der Käufer kam der Aufforderung des Beklagten nach und zahlte einen Teilbetrag des Kaufpreises in Höhe von 396.644,04 EUR auf ein Konto der ...[D]bank eG zur Ablösung des mit der Grundschuld gesicherten Darlehens. Ferner wurden EUR 7.632,10 an die Verbandsgemeinde ...[W] zur Ablösung von Verbindlichkeiten sowie 10.000,00 EUR auf das Notaranderkonto des Beklagten gezahlt und der restliche Kaufpreis auf das Konto des damaligen Geschäftsführers in der Schweiz überwiesen.

Mit Schreiben vom 10. Juni 2019 zeigte die Gesellschafterin der Klägerin dem Beklagten an, dass sie mit dem Hausverkauf nicht einverstanden gewesen sei. Sie habe erst einen Tag zuvor durch Zufall von dem Kaufvertrag erfahren und habe dementsprechend Strafanzeige wegen Veruntreuung des Gesellschaftsvermögens gegen den Geschäftsführer der Klägerin erstattet (Bl. 156 d.A. I. Instanz).

Am 17. Juni 2019 veranlasste der Beklagte nach Bestätigung des Zahlungseingangs durch den damaligen Geschäftsführer die Umschreibung des Eigentums an dem Haus ...[Y] in ...[X] auf den Käufer.

Im Nachgang teilte der frühere Geschäftsführer ...[B] der Alleingesellschafterin per E-Mail mit, dass er das Geld bereits von seinem Konto abgehoben und in einem bankfremden Schließfach hinterlegt habe, damit die Alleingesellschafterin ohne seine Einwilligung nicht an das Geld der Klägerin oder an sein Geld herankomme. Weiter erklärte er, er müsse die Klägerin und auch sich gegen die Gier der Alleingesellschafterin schützen (Anlage K 14 zum Schriftsatz der Klägerin vom 17. Juni 2020).

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Amtspflichtverletzung in Bezug auf die Beurkundung des Kaufvertrages sei zu verneinen. Insbesondere sei der Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen, zu überprüfen, ob es einen Gesellschafterbeschluss hinsichtlich der Veräußerung des Anwesens gab. Der Beklagte habe durch die Einsichtnahme in das Handelsregister das Vorliegen der Vertretungsmacht des damals für die Klägerin agierenden Geschäftsführers überprüft und sei damit seiner Pflicht aus § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG hinreichend nachgekommen. Anlass für eine weitergehende Prüfung habe nicht bestanden. Allein der Veräußerungsgegenstand - ein Einfamilienhaus - und die Tätigkeit eines Fremdgeschäftsführers habe keinen ausreichende...

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