Verfahrensgang

SG Speyer (Urteil vom 19.09.2000; Aktenzeichen S 1 U 301/99)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 19.09.2000 insoweit aufgehoben, als der Bescheid der Beklagten vom 11.01.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.1999 aufgehoben und die Beklagte verurteilt worden ist, eine chronische Bronchitis mit postinfektiöser Hyperreagibilität als gesundheitliche Folgen des Unfalls des Klägers vom 30.05.1998 anzuerkennen. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob dem Kläger Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen eines Unfalls zustehen.

Der im März 1982 geborene Kläger ist nach eigenen Angaben seit 1990 Mitglied der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) Christ König in L.; seit ungefähr 1995/1996 als Mitglied des Leitungsteams. Der Kläger nahm als Betreuer an der vom 19.05. bis 01.06.1998 in K. durchgeführten so genannten „Pfingstfreizeit” teil. Bei einer Nachtwanderung wollte er eine Einlage als „Feuerspucker” geben. Als er einen Schluck Lampenöl in den Mund nahm, atmete er dieses versehentlich ein, so dass ein Teil des Öls in die Lunge gelangte. Der Kläger wurde daraufhin stationär zunächst im Kreiskrankenhaus W. später im Universitätsklinikum M. behandelt, wo jeweils die Diagnose einer Pneumonie nach Petroleumaspiration gestellt wurde. Mit Bescheid vom 11.01.1999 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfalles zu gewähren. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht zum Kreis der versicherten Personen gehört. Er habe an der Freizeit als unentgeltlich tätiges Mitglied der KJG teilgenommen. Da er somit nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zur KJG gestanden habe, sei er zum Unfallzeitpunkt nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) als Beschäftigter gesetzlich unfallversichert gewesen. Da er nicht für die römisch-katholische Kirche, sondern für die KJG tätig gewesen sei, sei er auch nicht als für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ehrenamtlich Tätiger gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versichert gewesen. Er sei schließlich auch nicht nach § 2 Abs. 2 SGB VII wie ein Beschäftigter tätig geworden, sondern im Rahmen seiner mitgliedschaftlichen Verpflichtung für die KJG.

Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.1999 zurückgewiesen.

Am 06.08.1999 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Speyer erhoben. Er hat einen Arztbrief der Prof. Dr. A. vom Februar 2000 vorgelegt, nach dem er unter einer chronischen Bronchitis mit postinfektiöser bronchialer Hyperreagibilität leide, und vorgetragen, dass er seit dem Unfall für Atemwegsinfekte besonders anfällig sei. Zudem bestünden eine gewisse Kurzatmigkeit und eine eingeschränkte Atemfunktion.

Weiter hat der Kläger vorgetragen, dass Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII bestehe, weil seine Tätigkeit als Betreuer der Pfingstfreizeit als ehrenamtliche Tätigkeit in der katholischen Kirche anzusehen sei. Die KJG sei rechtlich Teil der katholischen Kirche. Wie sich aus der Satzung ergebe, werde die Pfarrgemeinschaft der KJG jeweils durch die Mitglieder der KJG in der Pfarrei gebildet. Pfarrgemeinschaften der KJG könnten nicht pfarreiübergreifend gegründet werden, sondern seien jeweils der Pfarrei zugeordnet. Sie seien damit nicht anders zu beurteilen als etwa der Bibelkreis einer Pfarrei oder der Kirchenchor. Im Übrigen sei die Pfarrei Christ König selbst Veranstalterin der Pfingstfreizeit, lediglich die organisatorische Durchführung werde der KJG übertragen, die für die Belange der Jugendlichen und Kinder zuständig sei.

Zumindest sei er, der Kläger, „wie ein Beschäftigter” im Sinne des § 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII tätig gewesen. Der Einsatz bei der Pfingstfreizeit gehe über die normalen Pflichten eines Mitglieds der KJG hinaus und sei somit nicht „vereinsüblich”. Er, der Kläger, habe sich aus Freude an der Übernahme von Verantwortung und an der Fürsorge für Kinder zur Betreuung einer Gruppe bei der Freizeit bereit erklärt. Im Übrigen habe er durch die besondere „Showeinlage” des Feuerspuckens eine Tätigkeit übernommen, die sonst nur von professionellen Zauberkünstlern gegen Entgelt ausgeführt werde.

Das SG hat die Diözese Speyer zum Rechtsstreit beigeladen.

Diese hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII zu, da er für die KJG „wie ein Beschäftigter” tätig geworden sei. Bereits die Übernahme der Gruppenleitung bei der Pfingstfreizeit gehe über die Vereinsüblichkeit hinaus; um so mehr gelte dies für die vom Kläger beabsichtigte Einlage als Feuerschlucker. Die KJG sei allerdings nicht Teil der verfassten Kirche, sondern vereinsrechtlich eigenständig organisiert.

Das SG hat den Gemeindereferenten und geistlichen Leiter der Pfarrleitung der KJG Ch. S. zur Dur...

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