Entscheidungsstichwort (Thema)
Örtliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für eine Kündigungsschutzklage eines Angehörigen des fliegenden Personals
Leitsatz (amtlich)
Der besondere Gerichtsstandort des Arbeitsortes ist bei fliegendem Personal (Piloten/innen und Flugbegleiter/innen) in der Regel nach § 48 Abs. 1 a Satz 2 ArbGG am vertraglich als "Heimatbasis" vereinbarten Flughafen anzuknüpfen.
Normenkette
ArbGG § 48 Abs. 1a
Tenor
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht München bestimmt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung durch den Beklagten zu 1 und darüber, ob ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2 bzw. die Beklagte zu 3 stattgefunden hat.
Der Beklagte zu 1 hat seinen Sitz in C-Stadt und ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. C KG (Gemeinschuldnerin). Die Beklagte zu 2 hat ihren Sitz in W. (Flughafen) und die Beklagte zu 3 in G-Stadt.
Die Klägerin war bei der Gemeinschuldnerin (bzw. bei deren Rechtsvorgängerin) seit 00.00.1987 (vgl. Arbeitsbescheinigung vom 00.00.2017) als Flugbegleiterin beschäftigt war. Im Arbeitsvertrag vom 00.00.1987 war in § 6 geregelt, dass dienstlicher Wohnsitz München ist. Die der Klägerin ausgestellte Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III vom 00.00.2017 bezeichnet als Beschäftigungsort ebenfalls den Flughafen München. Nach § 6 ihres Arbeitsvertrages vom 00.00.1991 hat die Klägerin ihren Wohnsitz so zu wählen, dass sie bei normaler Verkehrslage innerhalb von 60 Minuten nach Abruf den Dienst am Einsatzort Flughafen München-Riem bzw. München II antreten kann.
Mit Schreiben vom 00.00.2018 kündigte der Beklagte zu 1 das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 00.00.2018. Da die Klägerin schwerbehindert ist, war vorab die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt worden. Gegen den der Kündigung zustimmenden Bescheid des Integrationsamts vom 00.00.2018 geht die Klägerin vor.
Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 00.00.2018 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht München. Nachdem das Arbeitsgericht München Bedenken hinsichtlich seiner örtlichen Zuständigkeit geäußert und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, verwies die Klägerin zur Begründung der Zuständigkeit auf München als Arbeitsort. Der Beklagte zu 1 stellte sich dagegen auf den Standpunkt, der Start von einem bestimmten Flughafen aus sei nicht ausreichend für die Annahme, die Arbeitsleistung des fliegenden Personals würde von diesem Ort aus erbracht. Weder aus § 29 ZPO noch aus § 48 Abs. 1a ArbGG folge deshalb eine örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München. Die Beklagten zu 2 und zu 3 äußerten sich dahingehend, dass es aus prozessökonomischen Gründen sachgerecht sei, das Verfahren hinsichtlich sämtlicher Beklagter gemeinsam zu verhandeln; es sei denkbar, sich für den vorliegenden Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht München rügelos zur Sache einzulassen.
Mit Beschluss vom 10.07.2018 erklärte sich das Arbeitsgericht München für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht C-Stadt. Dieses sei nach §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig, da die Gemeinschuldnerin ihren Sitz in C-Stadt habe. Weder der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (§ 29 Abs. 1 ZPO) noch des Arbeitsortes (§ 48 Abs. 1a ArbGG) sei gegeben. Fliegendes Personal erfülle die überwiegenden Arbeitsleistungen während des Fluges und somit ohne Bezug zu einem bestimmten Start- und/oder Gerichtsbezirk. Die organisatorische Zuordnung zu einem Flughafen und die teilweise Eingliederung in dessen Organisationsstruktur begründe keinen gewöhnlichen Arbeitsort.
Mit Schriftsatz vom 26.07.2018 rügten die Beklagte zu 2 und zu 3 die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts C-Stadt. Der Verweisungsbeschluss entbehre in Bezug auf sie jeglicher Rechtsgrundlage und sei willkürlich gefasst. Das Arbeitsgericht München begründe nur seine Unzuständigkeit und habe ganz offensichtlich gar nicht geprüft, ob die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts C-Stadt im Hinblick auf sämtliche Beklagten gegeben sein könne.
Mit Beschluss vom 01.08.2018 legte das Arbeitsgericht C-Stadt dem Landesarbeitsgericht München den Rechtsstreit zur Gerichtsstandbestimmung nach § 36 ZPO vor. Die Gerichtsstandbestimmung sei unwirksam, weil der Beschluss hinsichtlich der Beklagten zu 2 und zu 3 keine Begründung enthalte und nach dem Akteninhalt nicht ausgeschlossen werden könne, dass er aus sachfremden Gründen erfolgt sei. Der Beschluss sei auch hinsichtlich des Beklagten zu 1 offensichtlich unwirksam, denn das Arbeitsgericht München habe es unterlassen im Hinblick auf die Streitgenossenschaft anzufragen, ob ein Antrag nach § 36 ZPO gestellt werde.
Mit Schriftsatz vom 21.09.2018 beantragte die Klägerin die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands.
II.
Als örtlich zuständiges Gericht wird nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO das Arbeitsgericht München bestimmt. Dessen Verweisungsbeschluss vom 10.07.2018 war für das Arbeitsgericht C-Stadt nicht bindend.
1. Die Zuständigkeitsbestimmung erfolgt allerdings nicht nach § 36 Abs. 1 Nr....