Leitsatz

Tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind in der Jahresgesamt- und -einzelabrechnung weder als Ausgabe noch als sonstige Kosten zu buchen. In der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die in die Abrechnung aufzunehmen ist, sind die tatsächlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben. Die Entlastung des Verwaltungsbeirats widerspricht einer ordnungsgemäßen Verwaltung und ist nach § 21 Abs. 4 WEG rechtswidrig, wenn Ansprüche gegen den Verwaltungsbeirat in Betracht kommen und kein Grund ersichtlich ist, auf diese Ansprüche zu verzichten. Dieser Fall ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die von dem Beirat geprüfte Abrechnung fehlerhaft ist und geändert werden muss.

 

Fakten:

Der Verwalter hatte in der Jahresabrechnung im Abschnitt "Ausgaben/ Einnahmen" unter sonstigen Kos ten eine Position "Zuführung Rücklage Haus" mit einem bestimmten Betrag dargestellt. Im Abschnitt "Entwicklung der Rücklagen" hatte er denselben Betrag unter der Position "Zugang zur Rücklage Haus" dargestellt. Die Beträge entsprachen dem Sollbetrag der Zuführung zur Instandhaltungsrücklage nach dem Wirtschaftsplan. Der Sollbetrag aber stand nicht in vollem Umfang zur Verfügung, weil nicht alle Wohnungseigentümer ihre Beiträge zur Instandhaltungsrücklage geleistet hatten. Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung wurde erfolgreich angefochten.

Der BGH hat klargestellt, dass eine ordnungsmäßige Abrechnung nur dann vorliegt, wenn diese die tatsächlichen Einnahmen und Kosten ausweist. Insoweit aber sind auch die tatsächlich geleisteten Beiträge zur Instandhaltungsrücklage auszuweisen und nicht die Soll-Beträge nach dem Wirtschaftsplan. Eine Abrechnung, in welcher der Soll-Betrag der beschlossenen Zuführung zur Instandhaltungsrücklage als fiktive Ausgabe angesetzt wird, entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Sie ist nämlich für den Wohnungseigentümer nicht mehr ohne fachkundige Unterstützung zu verstehen und in der Sache auch irreführend. Sie wird sogar sachlich falsch, wenn die Buchung des Soll-Betrags als Ausgabe bei der Darstellung der Entwicklung der Rücklage lediglich als Zugang nachvollzogen wird. Denn der Soll-Betrag steht der Gemeinschaft bei Rückständen einzelner Wohnungseigentümer nicht im ausgewiesenen Umfang zur Verfügung.

Wie die Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage in der Abrechnung darzustellen sind, bestimmt sich nach dem Zweck der Abrechnung einerseits und der Darstellung der Entwicklung der Rücklage andererseits. Die Abrechnung soll den Wohnungseigentümern aufzeigen, welche Ausgaben und welche Einnahmen die Wohnungseigentümergemeinschaft im Abrechnungszeitraum wirklich hatte. Deshalb dürfen in ihr nur tatsächlich erzielte Einnahmen und tatsächlich erfolgte Ausgaben gebucht werden. Die Darstellung der Entwicklung der Rücklage in der Abrechnung soll den Wohnungseigentümern ermöglichen, die Vermögenslage ihrer Gemeinschaft zu erkennen und die Jahresabrechnung auf Plausibilität zu überprüfen. Eine Prüfung der Abrechnung ist aber nur anhand des tatsächlichen Bestands der Instandhaltungsrücklage und auch nur möglich, wenn die Darstellung der Entwicklung der Rücklage erkennen lässt, in welchem Umfang die Wohnungseigentümer mit ihren Zahlungen im Rückstand sind. Dazu muss die Darstellung sowohl die Zahlungen ausweisen, die die Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage tatsächlich erbracht haben, als auch die Beträge, die sie schulden, aber noch nicht aufgebracht haben.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 04.12.2009 – V ZR 44/09

Fazit:

Der BGH setzt mit dieser Entscheidung konsequent die gesetzlichen Vorgaben um. Im Einzelnen jedenfalls besteht das gemeinschaftliche Geldvermögen aus zwei Vermögensmassen:

1. obligatorische Schaffung von Geldmitteln zur Begleichung der Ausgaben im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (Lasten und Kosten); 2. fakultativ zu bildende Instandhaltungsrücklage. Dies bringt insgesamt die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG zum Ausdruck.

§ 28 Abs. 3 WEG sieht vor, dass der Verwalter nach Ablauf des Kalenderjahrs eine "Abrechnung" aufzustellen hat. Die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 2 WEG trennt diese die Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums von den Beiträgen zur Instandhaltungsrücklage. Demnach ist es auch nur konsequent, entsprechend den Vorgaben des § 28 Abs. 1 Satz 2 WEG, in der Jahresabrechnung einerseits Einnahmen und Ausgaben betreffend die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums darzustellen und daneben getrennt die Entwicklung der Instandhaltungsrücklage in Form der tatsächlich zugeführten Gelder und der tatsächlich erfolgten Entnahmen aus der Rücklage.

Aus dem Wesen der Instandhaltungsrücklage folgt auch, dass die gegenüber dem Wirtschaftsplan-Soll rückständigen Beiträge im Rahme...

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