Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Medizinprodukte. Definition. Anwendungsbereich. Humanarzneimittel. Definition des Begriffs ‚Arzneimittel’. Anwendbarer Rechtsrahmen. Einstufung als ‚Medizinprodukt’ oder als ‚Arzneimittel’

 

Normenkette

RL 93/42/EWG Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, Abs. 5 Buchst. c; Richtlinie 2001/83/EG Art. 1 Nr. 2, Art. 2 Abs. 2

 

Beteiligte

Bundesrepublik Deutschland

L. GmbH

H. Ltd

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

1. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

er nicht nur auf „Funktionsarzneimittel” gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83 in geänderter Fassung, sondern auch auf „Präsentationsarzneimittel” gemäß Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie anwendbar ist.

2. Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte in der durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 geänderten Fassung und Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung

sind wie folgt auszulegen:

Ist die Hauptwirkungsweise eines Erzeugnisses nicht wissenschaftlich festgestellt, kann dieses Erzeugnis weder unter die Definition des Begriffs „Medizinprodukt” im Sinne der Richtlinie 93/42 in der durch die Richtlinie 2007/47 geänderten Fassung noch unter die Definition des Begriffs „Funktionsarzneimittel” im Sinne der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2004/27 geänderten Fassung fallen. Es ist Sache der nationalen Gerichte, im Einzelfall zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Definition des Begriffs „Präsentationsarzneimittel” im Sinne der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2007/47 geänderten Fassung erfüllt sind.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidungen vom 20. Mai 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 12. August 2021, in den Verfahren

L. GmbH (C-495/21)

H. Ltd (C-496/21)

gegen

Bundesrepublik Deutschland

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und J. Passer,

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der L. GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin E. Rudl-Truxa,
  • der H. Ltd, vertreten durch Rechtsanwalt P. von Czettritz,
  • der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt P. Kothe und Rechtsanwältin K. Moritz Feilke,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch A. Dimitrakopoulou und V. Karra als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von E. Feola, Avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. C. Becker, L. Haasbeek, E. Sanfrutos Cano und A. Sipos als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. 1993, L 169, S. 1) in der durch die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 (ABl. 2007, L 247, S. 21) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 93/42) sowie von Art. 1 Nr. 2 Buchst. a und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. 2004, L 136, S. 34) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen der L. GmbH bzw. der H. Ltd., Gesellschaften deutschen Rechts, auf der einen und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Deutschland) (im Folgenden: BfArM), auf der anderen Seite über die Bestimmung des Anwendungsbereichs der unionsrechtlichen Vorschriften über Medizinprodukte und Humanarzneimittel.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 93/42 bestimmt:

„(2) Es gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a) ‚Medizinprodukt’: alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe oder anderen Gegenstände, einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische und/oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein ...

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