Leitsatz

Ein Rechtsanwalt und Notar hatte im Ehescheidungsverfahren und im Unterhaltsprozess die Ehefrau vertreten.

Später beurkundete er einen Kaufvertrag über den Verkauf einer im Miteigentum der geschiedenen Eheleute stehenden vermieteten Doppelhaushälfte.

Der Ehemann vertrat die Auffassung, der Notar habe die Beurkundung ablehnen müssen, weil es in dem Scheidungs- und Unterhaltsverfahren auch um Mieteinkünfte für die gemeinsame Doppelhaushälfte gegangen sei.

Daraufhin sprach der Vorstand der Notarkammer den Antragsteller wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG eine Ermahnung aus und bejahte die für eine Vorbefassung erforderliche "materielle Beteiligung".

Hiergegen legte er Einspruch ein, den die Notarkammer Schleswig-Holstein zurückwies.

Daraufhin beantragte er, die Ermahnung des Vorstandes der Schleswig-Holsteinischen Notarkammer und die zurückweisende Einspruchsentscheidung aufzuheben und eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt den Antrag des Notars für begründet. Die Notarkammer sei nicht befugt gewesen, ihm eine Ermahnung auszusprechen, da er sich nicht ordnungswidrig verhalten habe.

Ein Verstoß gegen Mitwirkungsverbote gem. § 3 BeurkG komme grundsätzlich als ordnungswidriges Verhalten in Betracht. Der Notar verstoße damit gegen seine Neutralitätspflicht gem. § 14 Abs. 1 BNotO.

Gem. § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG solle ein Notar an einer Beurkundung nicht mitwirken, wenn es sich um Angelegenheiten einer Person handele, für die er außerhalb seiner Amtstätigkeit in derselben Angelegenheit bereits tätig war oder noch sei, es sei denn, diese Tätigkeit sei im Auftrag aller Personen ausgeübt worden, die an der Beurkundung beteiligt waren.

Entscheidungserheblich sei allein, ob der Notar im Rahmen des Scheidungs- und Unterhaltsverfahrens "in derselben Angelegenheit" tätig gewesen sei. Angelegenheit im Sinne der Vorschrift sei der Lebenssachverhalt, auf den sich die Beurkundungstätigkeit des Notar beziehe. Die Amtstätigkeit des Notars müsse Rechte, Pflichten oder Verbindlichkeiten einer Person betreffen, die bereits Gegenstand einer anwaltlichen oder sonstigen Vortätigkeit des Notars war. Erfasst werde jede Vorbefassung beruflicher, geschäftlicher oder sonstiger Art.

Die eheliche Lebensgemeinschaft sei der typische Fall eines solchen Lebenssachverhalts mit unterschiedlichen rechtlichen Wirkungen, Konsequenzen für die Ehepartner und gemeinsame Kinder. Bei mandatsbezogener Auslegung sei der Notar nicht in derselben Angelegenheit für die Ehefrau tätig geworden. Das Mandant "Unterhaltsanspruch" betreffe einen anderen Lebenssachverhalt als der "Verkauf eines im Miteigentum stehenden Hauses". Bei einer anderen Sichtweise würde der Begriff der konkreten Angelegenheit, die Gegenstand der Vorbefassung gewesen sein müsse, ausufern. Die Auswirkungen des Eigentums an der vermieteten Doppelhaushälfte für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten hätten nur das familienrechtliche Mandat und nicht die spätere Beurkundung des Verkaufs des Hauses betroffen. Richtig sei, dass sich der Verkauf auf die Regelung zum nachehelichen Unterhalt auswirken könne. Diese bloß mittelbare Folge vermöge einen einheitlichen Lebenssachverhalt jedoch nicht zu begründen.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 05.03.2007, Not 4/06

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