Auch wenn der Beschluss nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG die doppelt qualifizierte Mehrheit erreicht, erfolgt eine Kostenverteilung unter allen Wohnungseigentümern nur dann, wenn die Kosten der Maßnahme nicht unverhältnismäßig sind.

 
Praxis-Beispiel

Die Schwimmhalle

Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus 10 Wohnungseigentümern. 8 von ihnen beschließen den Umbau mehrerer im Gemeinschaftseigentum stehender ungenutzter Räume im Souterrain in eine Schwimmhalle. Kosten werden in Höhe von 75.000 EUR entstehen. Jede der 10 Wohnungen repräsentiert 100/1.000 Miteigentumsanteile. Nicht zugestimmt hat ein hoch betagtes Ehepaar, das nur über eine schmale Rente verfügt, die Schwimmhalle darüber hinaus aus gesundheitlichen Gründen gar nicht nutzen kann und ohnehin nie Schwimmen gelernt hat.

Die Errichtung der Schwimmhalle kann für den einen Wohnungseigentümer keine nennenswerte, für den anderen aber eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen. Hinsichtlich der Frage, ob eine bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, stellt der Gesetzgeber zunächst darauf ab, dass dabei nicht nur die zu erwartenden Baukosten, sondern auch die zu erwartenden Folgekosten für Gebrauch und Erhaltung maßgeblich sind. Diese Kosten seien in das Verhältnis zu den Vorteilen zu setzen, die die bauliche Veränderung verspreche, was eine wertende Betrachtung verlange. Dabei sei ein objektiver, auf die konkrete Anlage bezogener Maßstab anzulegen. Entscheidend seien daher nicht die Bedürfnisse und finanziellen Mittel des einzelnen überstimmten Wohnungseigentümers, sondern die der Gesamtheit der Wohnungseigentümer in der Anlage.[1]

Dies zunächst zugrunde gelegt, könnte dazu führen, dass etwa in einer überwiegend gut situierten Eigentümergemeinschaft mit einigen wenigen sozial schwächeren Wohnungseigentümern oder auch Senioren, die diese Baumaßnahme ggf. aus gesundheitlichen Gründen gar nicht nutzen könnten, auch eine Luxusmaßnahme, wie die Errichtung einer Schwimmhalle, auf Kosten sämtlicher Wohnungseigentümer beschlossen werden könnte. Zwar setzt der Gesetzgeber insoweit eine Zäsur, wonach die Bewertung je nach Charakter der Anlage und der Alters- und Sozialstruktur der Wohnungseigentümer unterschiedlich ausfallen könne. Bei besonders hohen Kosten sei eine Unverhältnismäßigkeit auch dann nicht ausgeschlossen, wenn alle Wohnungseigentümer finanziell in der Lage seien, diese Kosten zu tragen.[2]

Aber auch dies zugrunde gelegt, würde wohl zunächst nicht dazu führen, dass sich die sozial schwächeren Wohnungseigentümer und Senioren unter ihnen auf eine unverhältnismäßige Kostenbelastung berufen könnten, da ausschlaggebend letztlich die Gesamtheit der Wohnungseigentümer ist. Allerdings darf auch nicht der Neubauzustand vergleichbarer Anlagen außer Acht gelassen werden. Und hier ist zu konstatieren, dass gemeinschaftliche Schwimmbäder eher die absolute Ausnahme und eben nicht die Regel darstellen, weshalb sich nach diesseits vertretener Auffassung die Eheleute auf eine Unverhältnismäßigkeit der Kosten berufen könnten. Allerdings hätten sie diese Unverhältnismäßigkeit im Streitfall zu beweisen. Ob im Übrigen eine Kostenbelastung unverhältnismäßig oder noch verhältnismäßig ist, kommt auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung an, also auf die zu erwartenden Kosten. Die später tatsächlich entstehenden Kosten sollen dagegen keine Rolle spielen.[3]

 

Problem: Beschlussanfechtung oder Zahlungsverweigerung?

Da die Bestimmung des § 21 WEG lediglich die Rechtsfolgen von Kostentragungspflichten auf Grundlage von § 20 WEG beschlossener Maßnahmen der baulichen Veränderung regelt, wird sich die Auseinandersetzung also regelmäßig auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Einforderung der entsprechend auf die Wohnungseigentümer entfallenden Beiträge verlagern. Leistet also etwa ein Wohnungseigentümer zum Zeitpunkt der Fälligkeit einer zur Finanzierung der Maßnahme erhobenen Sonderumlage keine Zahlung, weil er der Auffassung ist, diese sei mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, würde die Frage der Unverhältnismäßigkeit im entsprechenden Hausgeldverfahren geprüft. Ob sich einzelne Wohnungseigentümer durch Erhebung einer Anfechtungsklage gegen die Maßnahme selbst unter Berufung auf eine unbillige Benachteiligung nach § 20 Abs. 4 WEG wehren können, wird richtigerweise zumindest angedacht, wobei die Rechtsprechung hier für Klarheit zu sorgen hat.[4]

Wegweiser für Verwalter

  • Verwalter müssen die Wohnungseigentümer über die Kostenfolgen einer baulichen Veränderung aufklären.
  • Sie haben bei gemeinschaftlichen Vornahmeverfahren dann eines der beiden vorerwähnten Abstimmungsverfahren durchzuführen, wobei die Wahl den Wohnungseigentümern durch Vorschaltbeschluss überlassen werden sollte.
  • Haben sie insoweit ihren Pflichten genügt, können sie den mit den Kostenfolgen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG verbundenen Beschluss durchführen.
  • Der Beschluss ist auch dann durchzuführen, wenn etwa einer der Wohnungseigentümer diesen angefochten haben sollte.
  • Auch der anfechtende Woh...

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