Leitsatz
Ein allzu sorgloser Umgang mit Fleisch kann strafrechtliche Folgen haben, wie seit den Gammelfleischskandalen bekannt ist. Ein Arbeitnehmer, der die Frischware falsch behandelt, riskiert obendrein noch seinen Arbeitsplatz.
Sachverhalt
Fleisch ist sensible Ware, weil höchst verderblich. Dementsprechend streng bis hin zu strafrechtlichen Folgen sind auch die lebensmittelrechtlichen Bestimmungen, die den Umgang mit Fleisch regeln. Wer mit der Frischware zu tun hat, sollte deswegen auch tunlichst mit den geltenden Regeln vertraut sein. Wer sie nicht kennt oder nicht kennen will, läuft nicht nur Gefahr sich dem Strafrichter stellen zu müssen, sondern auch dem Arbeitsrichter. Falscher Umgang mit Fleisch kann zum sofortigen Verlust des Arbeitsplatzes führen.
Ein Metzgermeister war seit über 20 Jahren in einem Supermarkt an der Fleischabteilung beschäftigt. Da er es mit Hygiene nicht so genau nahm, war er in der Vergangenheit bereits mehrere Male von seinem Arbeitgeber abgemahnt worden. Im Jahr 2007 stellte sich dann heraus, dass der Metzger wiederholt – vermutlich mindestens einmal im Monat – Fleisch, das nahe am Mindesthaltbarkeitsdatum war, umverpackt und auf ein späteres Datum umetikettiert hatte, um so einen längeren Verkauf zu ermöglichen. Als der Arbeitgeber das erfuhr, kündigte er dem Mann fristlos.
Gegen diese Kündigung wehrte sich der Metzger mit einer Kündigungsschutzklage. Er argumentierte: Aufgrund seiner Schwerhörigkeit habe er entsprechende Anweisungen seines Arbeitgebers nicht registriert und kenne sie daher auch nicht.
Er scheiterte mit seiner Klage in zwei Instanzen. LAG und Arbeitsgericht sahen die Kündigung als rechtens an. Die Umetikettierung des Fleisches, ein Straftatbestand nach den Lebensmittelvorschriften, ist ein legitimer Grund für eine außerordentliche Kündigung. Die Argumentation des Fleischers wiesen die Richter zurück: Er könne sich nicht darauf berufen, die Bestimmungen nicht gekannt zu haben. Das sei angesichts seiner langjährigen Tätigkeit als Meister zum einen befremdlich, zum anderen habe der Mann sich vorher zur Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet. Die vom Gericht bei einer fristlosen Kündigung vorzunehmende Interessenabwägung konnte den Mann auch nicht schützen. Trotz einer Schwerbehinderung von 50 %und seines Lebensalters sahen die Richter hier die Interessen des Arbeitgebers als ausschlaggebender an: Dieser habe sich wegen der wiederholten Verstöße des Fleischers ständig in der Gefahr befunden, seinen Ruf als Lebensmittelhändler dauerhaft zu schädigen. Der Metzger habe durch sein Verhalten dagegen gezeigt, dass ihm jegliches Verantwortungsgefühl für die Gesundheit seiner Kunden abgehe.
Link zur Entscheidung
LAG Köln, Urteil v. 19.1.2009, 5 Sa 1323/08.