Rz. 29

In der Schweiz werden Erbschaften sowie Schenkungen nicht durch den Bund besteuert. Dafür erheben praktisch alle Kantone eine sog. Erbschafts- und Schenkungssteuer. Ausnahmen bilden die innerschweizerischen Kantone Schwyz und Obwalden, welche weder eine Erbschafts- noch eine Schenkungssteuer kennen. Der Kanton Luzern erhebt zwar keine Schenkungssteuer, berücksichtigt aber Schenkungen innerhalb von fünf Jahren vor dem Tod des Erblassers bei der Berechnung der Erbschaftssteuer. In der Regel ist der Kanton, in welchem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, bzw. der Wohnsitzkanton des Schenkers zur Erhebung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer auf beweglichem Vermögen berechtigt.

 

Rz. 30

Abgesehen von einer Ausnahme wird die Erbschaftssteuer in allen Kantonen – wie in Deutschland auch – als Erbanfallsteuer, also auf dem Erbteil eines jeden Erben oder Vermächtnisnehmers einzeln erhoben. Einzig im Kanton Solothurn wird die Erbschaftssteuer – ähnlich wie im anglo-amerikanischen Rechtskreis – als sog. Nachlasssteuer auf dem gesamten hinterlassenen, nicht aufgeteilten Vermögen des Verstorbenen erhoben. Im Kanton Solothurn wird diese Steuer gar zusätzlich zur Erbanfallsteuer erhoben.[44]

 

Rz. 31

Die Erbschafts- und Schenkungssteuerpflicht wird primär im Wohnsitzkanton des Erblassers bzw. Schenkers begründet. Für vererbte oder geschenkte Grundstücke gilt hingegen das Belegenheitsprinzip, wonach die Erbschafts- und Schenkungssteuerpflicht in jenem Kanton begründet wird, wo das fragliche Grundstück liegt.

 

Rz. 32

Auch im Hinblick auf potentielle Steuerbefreiungen, Steuerfreibeträge und sonstige Abzüge gestaltet sich das Schweizer Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht großzügiger als das deutsche. Während einzelne Kantone für den überlebenden Ehegatten, die Nachkommen und die Vorfahren steuerfreie Beträge oder persönliche Abzüge vorsehen, befreien andere den Ehegatten oder die Nachkommen oder die Vorfahren komplett von der Steuer. So ist der überlebende Ehegatte in allen Kantonen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit, mit Ausnahme des Kantons Genf, welcher die Steuerbefreiung aufhebt, sofern der Schenker bzw. Erblasser in einer der letzten drei Steuerperioden vor der Schenkung bzw. seinem Tod pauschal besteuert wurde.[45] Die direkten Nachkommen sind in der Mehrheit der Kantone, außer Waadt, Genf (wiederum auf den Fall pauschalbesteuerter Schenker/Erblasser beschränkt), Jura, Appenzell I.Rh., Neuenburg und Luzern (reine Gemeindesteuer) ebenfalls von dieser Steuer befreit.

 

Rz. 33

Die Steuertarife der Erbschafts- und Schenkungssteuern verlaufen grundsätzlich progressiv, wobei sich die Progression sowohl nach dem Verwandtschaftsgrad als auch nach der Höhe des Vermögensanfalls richten kann.

[44] SSK, Dokumentation und Steuerinformation – Erbschafts- und Schenkungssteuern September 2020, S. 5.
[45] Hinny, Steuerrecht 2022, S. 2493.

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