Virtuelle Trennungsgespräche und Kündigungen während Corona

Trennungsgespräche zu führen ist zu keiner Zeit eine angenehme Aufgabe. Die Corona-Krise mit ihren Kontaktbeschränkungen stellt Personalverantwortliche im Kündigungsfall jedoch vor besondere Herausforderungen. Ist eine Kündigung unumgänglich, sollten vor dem Gespräch auf Distanz einige Dinge beachtet werden. 

Bei Trennungsgesprächen ist das persönliche Gespräch grundsätzlich der beste Weg, sofern das Gespräch wertschätzend geführt wird. Da agieren Führungskraft und Betroffene in einem für sie vertrauten Medium, das Reaktionen und Emotionen mit großer Wahrscheinlichkeit deutbar macht. Zudem hat die Führungskraft zumindest im ersten Moment einen direkten Kontakt zum betroffenen Mitarbeitenden. Gesprächspausen, in denen die Betroffenen die Nachricht erst einmal verdauen müssen, werden im persönlichen Gespräch als weniger unangenehm empfunden. Der gefühlte Druck, schnell auf Gesagtes reagieren zu müssen - und damit auch sich zu unüberlegten Äußerungen hinreißen zu lassen - ist geringer.

Virtuelle Trennungsgespräche: Geänderte Normalität zu Corona-Zeiten

Da aber aktuell unklar ist, wann die Kontaktbeschränkungen wie gelockert werden, werden sich viele Unternehmen der Realität stellen müssen, dass ein persönliches Gespräch in vielen Fällen nicht möglich sein wird. Auf den ersten Blick steht bei der Entscheidung, ob ein Kündigungsgespräch tatsächlich per Telefon- oder Video-Anruf sinnvoll ist, die Frage im Raum, ob dieses Gespräch auf Distanz professionell, einfühlsam und wertschätzend geführt werden kann. Betrachtet man rein die inhaltliche Ebene des Gesprächs, ist dies bei entsprechender Vorbereitung und mit entsprechendem Fingerspitzengefühl sicherlich in den meisten Fällen möglich. Jedoch sind die Herausforderungen auf der emotionalen, zwischenmenschlichen sowie organisatorischen Ebene nicht zu unterschätzen. Dabei sind vorab einige zentrale Fragen zu klären.

Räumliche Voraussetzungen für virtuelle Trennungsgespräche

Eine wichtige Frage ist: Verfüge ich als Führungskraft oder Personalverantwortlicher auch bei mir zu Hause über eine möglichst professionelle und störungsfreie Umgebung für das Gespräch? Außerdem sollte auch betroffenen Mitarbeitern vermittelt werden, dass sie eine störungsfreie Umgebung für das anstehende Gespräch schaffen sollten, damit möglichst sichergestellt ist, dass nicht der Partner oder die Kinder genau in dem Moment in das Gespräch platzen, in dem die Trennungsbotschaft überbracht wird.

Trennungsgespräch: Klassischer Anruf oder Video-Call?

Auch die Form sollte zuvor abgewogen werden: Soll das Gespräch in Form eines Video-Calls oder eines klassischen Anrufs erfolgen? Verfügen die Betroffenen (zu Hause) über die technische Infrastruktur sowie - je nach Mitarbeitergruppe - das Knowhow für einen Video-Call? Wie ist die betriebliche Übung bisher in Bezug auf virtuelle Meetings gewesen? Kann und will ich den betroffenen Mitarbeitern zumuten, sich gegebenenfalls für das Kündigungsgespräch mit einer neuen Software oder einem neuen Medium vertraut zu machen? Und will ich in Kauf nehmen, dass ich sie dadurch bereits im Vorfeld verunsichere und damit eventuell eine grundsätzliche Abwehrhaltung gegen das Gespräch erzeuge?

Überbrückung der Distanz und Umgang mit emotionalen Reaktionen

Außerdem geht es für Führungskräfte darum, die durch das Medium Video-Call entstehende räumliche Distanz zu überbrücken. Das ist für beide Gesprächspartner schwierig, insbesondere wenn das Medium für sie kein gewohntes ist, und erfordert gerade von der Führungskraft viel Fingerspitzengefühl.

Dieses wird auch verlangt, wenn ein Mitarbeiter in einem Gespräch auf Distanz sehr emotional reagiert. Wie verhalte ich mich, wenn der Mitarbeiter zum Beispiel einfach das Gespräch beendet und danach nicht mehr erreichbar ist, entweder bevor ich die Kündigung aussprechen konnte oder nachdem ich die Kündigung ausgesprochen habe?

Rechtsverbindlichkeit der Kündigung durch Schriftform

Um die Rechtsverbindlichkeit der Kündigung sicherzustellen, verlangt der Gesetzgeber die Schriftform. Zu klären ist also: Auf welchem Weg erhält der Mitarbeiter relevante Unterlagen wie zum Beispiel das Kündigungsschreiben, den Aufhebungsvertrag, Freistellungsbrief, Abfindungsrechner etc. bei einem Kündigungsgespräch auf Distanz? Parallel per E-Mail? Im Nachgang per Zustellung durch den Kurier? Per Einwurfeinschreiben?

Schritte nach dem Trennungsgespräch

Auch die nächsten Schritte nach dem Trennungsgespräch sollten bedacht sein: Welche Kontaktmöglichkeiten kann ich dem Mitarbeitenden für Nachfragen anbieten? Gibt es eine Art Notfallnummer? Ist es möglich, Folgetermine anzubieten?

Mit allen diesen Fragen sollten sich Personalverantwortliche und Führungskräfte mit Blick auf jeden einzelnen Mitarbeiter auseinandergesetzt haben, bevor sie ein virtuelles Kündigungsgespräch anberaumen.

Virtuelle Kündigungsgespräche sollten die Ausnahme bleiben

Grundsätzlich ist es mit entsprechender Vorbereitung möglich, auch aus der Ferne ein wertschätzendes Trennungsgespräch zu führen. Aufgrund der zahlreichen Herausforderungen stellt sich die Frage, ob und wann ein solches Vorgehen sinnvoll erscheint. Der bessere Weg ist und bleibt das persönliche Gespräch. Meine Empfehlung lautet daher: Solange Unternehmen Kündigungsgespräche schieben können, bis ein persönlicher Termin möglich ist, sollten sie diese Möglichkeit nutzen. Ein virtuelles Kündigungsgespräch sollte die Ausnahme bleiben.


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Schlagworte zum Thema:  Kündigung, Mitarbeitergespräch, Coronavirus