Mobiles Arbeiten: Working from Anywhere

Über den engen Begriff des Homeoffices hinaus beschreibt mobiles Arbeiten die Möglichkeit, neben dem Büro auch an dritten Orten wie Coworking Spaces, öffentlichen Räumlichkeiten oder sogar dem Ausland zu arbeiten. Doch wie weit ist dieses "Working from Anywhere" in Deutschland schon verbreitet? Antworten gibt die neueste Erhebung der Konstanzer Homeoffice Studie.

Arbeiten von zu Hause im Homeoffice ist durch die Coronapandemie zur neuen Realität für viele Beschäftigte und Unternehmen geworden. Aktuell arbeiten immer noch fast 30 Prozent der Beschäftigten in Deutschland weiterhin von zu Hause ( IfO Institut, 2022). Vieles spricht dafür, dass sich auch nach dem Ende aller Corona-Beschränkungen das Arbeiten von zu Hause in der deutschen Arbeitswelt etablieren wird.

Mobiles Arbeiten an Drittorten: Inwieweit wird das schon genutzt?

Über den engen Begriff des Homeoffices hinaus beschreibt das mobile Arbeiten die Möglichkeit, neben dem Büro auch an dritten Orten wie Coworking Spaces, öffentlichen Räumlichkeiten oder sogar dem Ausland zu arbeiten (Kunze, Hampel & Zimmermann, 2021). In unserem Beitrag wollen wir untersuchen, wie weit diese erweiterten Optionen des mobilen Arbeitens schon in Deutschland verbreitet sind und wie viele Beschäftigte schon eine örtliche Flexibilität durch das mobile Arbeiten nutzen. Darauf basierend leiten wir praktische Implikationen für Unternehmen und Personalverantwortliche ab.

Die Konstanzer Homeoffice Studie als Datengrundlage

Am Future of Work Lab an der Universität Konstanz wird unter der Leitung von Prof. Dr. Florian Kunze seit Beginn der Covid-19-Pandemie im März 2020 die Konstanzer Homeoffice Studie durchgeführt. Hierbei wird eine Stichprobe der Erwerbsbevölkerung regelmäßig zu ihrer Arbeitssituation während der Pandemie und besonders zur Transformation hin zu einer hybriden Arbeitswelt befragt ( alle Infos und Studienergebnisse finden Sie hier und auch in einer aktuellen Buchpublikation von Kunze, Hampel & Zimmermann, 2021). Die Erhebungen werden durch den Onlinedienstleister Respondi durchgeführt. Für den vorliegenden Beitrag wurden Daten aus der vierzehnten Befragungswelle im November 2021 verwendet, an der 668 Erwerbstätige teilgenommen haben.

Landflucht durch eine mobile Arbeitswelt?

Eine Frage, die sich Unternehmen stellen und die auch den Immobilienmarkt betrifft, ist, ob Beschäftigte dazu tendieren, in weiter entfernte Wohnorte zu ziehen, wenn sie nicht mehr permanent im Büro arbeiten. In unserer Befragung im Herbst 2021 gaben immerhin 31 Prozent der Beschäftigten an, dass sie sich vorstellen könnten, aus der Stadt in Vororte oder ländliche Gebiete zu ziehen und mehr mobil zu arbeiten (siehe Abbildung). Einen solchen Schritt während der Pandemie vollzogen, haben allerdings erst sechs Prozent der Befragten. Was der amerikanische Ökonomen Ramani und Bloom (2021) als Donut-Effekt beschreibt, nämlich, dass die Umgebung von Städten und Ballungsräumen an Attraktivität im Vergleich zu Innenstädten gewinnen, scheint demnach auch in Deutschland durchaus ein möglicher Trend werden zu können.

Nutzung von Coworking Spaces und öffentlichen Arbeitsplätzen

Wenn Mitarbeitende nicht mehr täglich ins Büro pendeln, können sie permanent von zu Hause oder auch an dritten Orten, wie Coworking Spaces, arbeiten. Hierbei handelt es sich um eine Mischform zwischen Bürotätigkeit und mobiler Arbeit, in der Wissensarbeitende auf Tages- oder sogar Stundenbasis Büroarbeitsplätze anmieten können, um mobil für einen Arbeitgeber oder auch in selbständiger Tätigkeit zu arbeiten. Coworking Spaces sind größtenteils in urbanen Gegenden zu finden, doch es gibt einen Trend zu mehr Coworking im ländlichen Raum (Bertelsmann Stiftung, 2020). In unserer Befragung gaben immerhin 29 Prozent der Befragten an, dass sie sich vorstellen können, in Zukunft verstärkt Coworking Spaces für ihre mobile Arbeit zu nutzen. Aktuell arbeitet die große Mehrheit (94 Prozent) der Beschäftigten allerdings noch im Homeoffice, wenn sie mobil arbeitet. Nur drei Prozent der Befragten nutzt aktuell schon Coworking Spaces und eine ähnlich niedrige Zahl von vier Prozent nutzt öffentliche Räumlichkeiten, wie ein Café, zum mobilen Arbeiten.

"Working from Anywhere": Wer darf aus dem Ausland arbeiten?

Eine weitere interessante Frage ist, ob es den Beschäftigten schon möglich ist, nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Ausland mobil zu arbeiten. Unsere Befragungsergebnisse zeigen, dass eine erstaunlich hohe Zahl von 34 Prozent der Aussage zustimmt, dass es während der mobilen Arbeit auch möglich ist, aus dem Ausland zu arbeiten. Dies deutet daraufhin, dass viele Arbeitgeber flexibel mit mobiler Arbeit im Ausland umgehen – was erstaunt, da es arbeits- und steuerrechtlich durchaus kompliziert werden kann, wenn Arbeitnehmende über längere Zeit im Ausland tätig sind. So ist zum Beispiel zu beachten, dass ab einem längeren Aufenthalt im Ausland, dort eine lokale Sozialversicherungs- und auch Steuerpflicht entstehen kann. (Lesen Sie dazu auch den Beitrag "Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber wissen müssen").

Fazit und Implikationen: Mobiles Arbeiten ist vielschichtig

Unsere Studienergebnisse machen deutlich, dass die Arbeitswelt durch die Transformation zum mobilen Arbeiten deutlich vielschichtiger wird. Auch wenn der Großteil der Beschäftigten noch von zu Hause arbeitet, wenn er mobil arbeitet, ist der Wunsch nach individuelleren Lösungen, die Arbeiten an dritten Orten, wie Coworking Spaces oder sogar Arbeiten aus dem Ausland beinhalten, bei vielen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen vorhanden. In einen immer kompetitiveren Arbeitsmarkt aus Sicht der Arbeitgeber dürfte dieser Wunsch nach flexiblen und individualisierten Lösungen im mobilen Arbeiten Gehör und auch Umsetzung finden. Ein zukunftsweisendes Beispiel hierfür ist das  "1000 Satellites"-Programm der BASF ( Mannheimer Morgen, 2020), das das Ziel hat, Beschäftigten innerhalb der Rhein-Neckar-Region dezentrale Coworking Spaces anzubieten, um täglich lange Pendelwege ins Büro zu vermeiden.

Zusätzlich können räumlich flexible Beschäftigungskonstellationen für Organisationen den großen Vorteil mit sich bringen, dass neue Mitarbeitende außerhalb der direkten lokalen Umgebung rekrutiert werden können. Wenn eine Anwesenheit im Büro gar nicht mehr oder nur noch zu speziellen Anlässen notwendig ist, bedeutet dies, dass Unternehmen auf einen weitaus größeren Pool an Bewerber:innen zurückgreifen können. Theoretisch ist es sogar möglich, für spezielle Tätigkeiten, die geringe Interaktion mit anderen Organisationsmitgliedern benötigen, einen globalen Bewerber:innen-Pool zu nutzen, wenn die Arbeit digital von überall erledigt werden kann. Zusätzlich ist es möglich, Mitarbeitende, die aus privaten Gründen den Wohnort wechseln, weiterhin im Unternehmen zu halten. Mit einem "Working from Anywhere"-Ansatz kann es gelingen, das Potenzial an aktuellen und zukünftigen Fachkräften deutlich zu erhöhen.


Referenzen:

Bertelsmann Stiftung (2020). Coworking im ländlichen Raum. Menschen, Modelle, Trends. Bertelsmann Broschur.

IFO Institut (2022). Homeoffice Nutzung gestiegen. Pressemitteilung vom 01.02.2022. https://www.ifo.de/node/67782

Kunze, F., Hampel, K., Zimmermann, S. (2021). Homeoffice und mobile Arbeit? Frag doch einfach. UTB Verlag, Stuttgart.

Mannheimer Morgen (2020). BASF baut an neuer Arbeitswelt mit. Abgerufen am 01.02.2021 von https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft/firmen_artikel,-basf-basf-baut-an-neuer-arbeitswelt-mit-_arid,1660705.html

Ramani, A., & Bloom, N. (2021). The Donut Effect: How COVID-19 Shapes Real Estate. SIEPR Policy Brief, January.


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