Gemäß § 11 AGG ist eine Arbeitsplatzausschreibung unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG, der wiederum auf § 1 AGG verweist, verboten. Ein erfolgreiches Verlangen einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt daher voraus, dass der potenzielle Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren an irgendeiner Stelle bewusst oder unbewusst eine Situation schafft, die für eine Diskriminierung wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale ("aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität") sprechen kann.

 
Praxis-Beispiel

Beispiele für Diskriminierungen:

  1. Die Stellenanzeige enthält den Hinweis, dass "0 – 2 Jahre Berufserfahrung" erwartet würden.[1]
  2. Der Arbeitgeber schickt die Bewerbungsunterlagen einer 53-jährigen Bewerberin mit einer Absage zurück. Bei Durchsicht ihrer Unterlagen stellt diese fest, dass der Arbeitgeber auf dem Lebenslauf vermerkt hat: "53 (-)".[2]
  3. Im Rahmen der E-Mail-Korrespondenz nach einer eingereichten Bewerbung äußert sich der Arbeitgeber per E-Mail überrascht darüber, dass man sich als Mann für die Stelle bewerbe, das sei doch eher eine Tätigkeit für Frauen.
  4. Der Arbeitgeber nimmt nicht Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit gemäß § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX im Vorfeld einer Stellenbesetzung auf.[3]
  5. Der öffentliche Arbeitgeber lädt einen schwerbehinderten Bewerber entgegen § 165 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein oder leitet seine Bewerbung erst mit einer Verzögerung an die Schwerbehindertenvertretung weiter.[4]
  6. In einer Stellenanzeige werden Bewerber mit "muttersprachlichen Deutschkenntnissen" gesucht.[5]

Die obigen Beispiele aus verschiedenen Phasen eines Einstellungsverfahrens deuten allesamt auf eine Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG verpönten Merkmals hin[6] und können daher unmittelbar einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG oder – praktisch deutlich wichtiger – einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG auslösen.

[2] Sachverhalt nach ArbG Stuttgart, Urteil v. 15.4.2010, 17 Ca 8907/09 ("Ossi-Fall").
[4] BAG, Urteil v. 25.11.2021, 8 AZR 313/20; vgl. zu den Pflichten des öffentlichen Arbeitgebers auch BAG, Urteil v. 1.7.2021, 8 AZR 297/20.
[5] Vgl. der Sachverhalt bei BAG, Urteil v. 23.11.2017, 8 AZR 372/16.
[6] Fälle 1 und 2: Alter, Fall 3: Geschlecht, Fälle 4 und 5: Behinderung, Fall 6: ethnische Herkunft.

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