Damit besteht faktisch eine weitgehende Identität mit dem Arbeitsverhältnis. Ohne Weiteres bedeutet ein wirksames Arbeitsverhältnis i. S. d. § 611a BGB zugleich eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung. In Ausnahmefällen kann aber ohne das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses eine sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung gegeben sein.[1] Dies wird in der Praxis vor allem bei der Qualifizierung des Beschäftigungsverhältnisses von Organvertretern, insbesondere GmbH-(Fremd)Geschäftsführern, relevant.[2] Zivilrechtlich handelt es sich dabei zumeist – aber nicht zwingend – um Dienstverträge i. S. d. § 611 BGB und nicht um Arbeitsverhältnisse, während sozialrechtlich regelmäßig von einer Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV auszugehen ist.

Einheitlich wird das faktische Arbeitsverhältnis, also die Tätigkeit bei Fehlen eines wirksamen Arbeitsvertrags, beurteilt.[3] Bejaht wurde ein Beschäftigungsverhältnis auch im Fall der Sittenwidrigkeit des Arbeitsvertrags[4], obwohl in einem solchen Fall die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses nicht zur Anwendung kommen würden.[5]

Kann ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit von Beginn an krankheitsbedingt nicht aufnehmen, kann sozialversicherungsrechtlich dennoch ein Beschäftigungsverhältnis vorliegen.[6] Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn das zugrundeliegende Vertragsverhältnis trotz von Beginn an nicht erbrachter Arbeitsleistung einen Entgeltanspruch begründet – z. B. aufgrund bezahlter Freistellungsphase zu Beginn oder im Fall von (besonderen) Entgeltfortzahlungansprüchen ohne Wartezeit. Der gesetzliche Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht demgegenüber nach § 3 Abs. 3 EFZG erst nach 4-wöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.[7]

Bei Beschäftigungen, die dem Abschluss eines Arbeitsvertrags vorgelagert sind ("Probearbeit", "Schnuppertage"), liegt ebenfalls ein Beschäftigungsverhältnis vor.[8] § 7 Abs. 1 SGB IV soll nach seiner Intention auch die arbeitsrechtliche Grauzone zu den freien Mitarbeitern, Honorarkräften etc. abdecken. Schließlich handelt es sich auch bei Fremdorganschaften auf dienstvertraglicher Grundlage[9] regelmäßig um Beschäftigungsverhältnisse.[10] Fremdgeschäftsführer und Gesellschafter-Geschäftsführer ohne Mindestkapitalbeteiligung von 50 % oder umfassende Sperrminorität sind im sozialversicherungsrechtlichen Sinne abhängig beschäftigt.[11]

Kein Beschäftigungsverhältnis liegt bei einer Tätigkeit auf rein gesellschaftsvertraglicher Grundlage vor. Andererseits gilt auch ein Mehrheitsgesellschafter, der in der Gesellschaft mitarbeitet, ohne als Geschäftsführer bestellt zu sein, als Beschäftigter.[12] Dies gilt wiederum nicht für mitarbeitende Alleingesellschafter, weil hier eine umfassende Weisungsmacht gegenüber den Geschäftsführern besteht.

Beim Wiedereingliederungsverhältnis liegt weder ein Arbeitsverhältnis noch ein vollumfängliches Beschäftigungsverhältnis vor, auch wenn Versicherungsschutz in der Kranken- und Unfallversicherung besteht. Auch bei Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit liegt kein Beschäftigungsverhältnis vor.[13]

Die Rechtsprechung zeigt, dass die Zuordnung in der Praxis nicht pauschalisiert werden kann und es für fast jede Konstellation Ausnahmen gibt. Dennoch lässt sich verallgemeinert Folgendes festhalten:

 

Allgemeiner Überblick

Beschäftigungsverhältnis,
aber kein Arbeitsverhältnis
Weder Arbeitsverhältnis
noch Beschäftigungsverhältnis
  • Fremdgeschäftsführer
  • Mitarbeitende Gesellschafter, die nicht Geschäftsführer und keine Allein-Gesellschafter sind
  • Vorstände
  • Probetätigkeit vor Vertragsbeginn (jedenfalls Versicherungsschutz)
  • Mehrheits-Gesellschafter-Geschäftsführer
  • Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer mit umfassender Sperrminorität
  • Freelancer/Freier Mitarbeiter
  • 1-EUR-Jobber
  • Ehrenamtliche Tätigkeit
  • Wiedereingliederungsverhältnis
[4] BSG, Urteil v. 10.8.2000, B 12 RR 21/98 R zur sittenwidrigen Tätigkeit für eine "Sex-Hotline".
[5] BAG, Urteil v. 1.4.1976, 4 AZR 96/75; ebenfalls BAG, Urteil v. 10.3.1987, 8 AZR 146/84, für einen weiteren Fall des Fehlens eines faktischen Arbeitsverhältnisses.
[6] Die frühere Rechtsprechung des BSG zum sog. "missglückten Arbeitsversuch" wurde seit BSG, Urteil v. 4.12.1997, 12 RK 3/97, aufgegeben.
[12] Vgl. Gemeinsames Schreiben der Sozialversicherungsträger, Anlage 3 i. d. F. v. 1.4.2022, S. 4f.

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