Minijob: Schadenersatz durch AG bei rückwirkender SV-Pflicht

Entsteht im Minijob rückwirkend Versicherungspflicht, haben Arbeitnehmer einen Vermögensschaden in Höhe der anfallenden Abgaben für Steuern und Sozialversicherung. Dafür haftet der Arbeitgeber.

Den Arbeitgeber kann es teuer zu stehen kommen, wenn die Entgeltgrenze bei Minijobbern überschritten wird. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland Pfalz hat im Urteil v. 9.3.2012 einem Arbeitnehmer nun einen entsprechenden Schadenersatz zuerkannt (6 Sa 608/11), allerdings auch ein Mitverschulden des Arbeitnehmers angerechnet.

Arbeitszeitkonto sollte schwankende Zeiten auffangen

Die Klägerin wurde als geringfügig beschäftigte Mitarbeiterin eingestellt. Die schwankenden Arbeitszeiten sollten nach Mitteilung des Arbeitgebers durch ein Arbeitszeitkonto geregelt werden. So leistete die Klägerin im März 2010 etwa 134 Arbeitsstunden, erhielt jedoch als Arbeitsvergütung für 52,62 Stunden einen Betrag von 399,98 EUR. Auch in den Folgemonaten wurde jeweils dieser Betrag gezahlt, wodurch sich bis Oktober 2010 auf dem Arbeitszeitkonto rund 182 zusätzliche Stunden ansammelten.

Arbeitgeber entscheidet rückwirkend auf Versicherungspflicht

Als durch den Arbeitgeber die Überschreitung der 400-EUR-Grenze festgestellt wurde, wurde rückwirkend ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis angemeldet. Von dem noch zustehenden Entgelt in Höhe von 4.642,18 EUR behielt der Arbeitgeber 1.381,60 EUR für Steuern und die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ein. Die Klägerin fordert diesen Betrag vom Arbeitgeber, da er die illegale Handhabung veranlasst habe. Er sei deshalb wegen Verletzung der Fürsorgepflicht schadensersatzpflichtig.

Vermögensschaden entstand wegen mangelnder Sorgfalt

Das LAG hat der Klägerin teilweise zugestimmt. Der Arbeitgeber hafte dem Arbeitnehmer auf Schadenersatz, wenn er bei der Abführung der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge schuldhaft Nebenpflichten verletze und dadurch Schäden des Arbeitnehmers verursache. Das gelte, wenn dem Arbeitnehmer kein Mitverschulden zur Last gelegt werden könne. Dabei habe der Arbeitgeber für die verkehrsübliche Sorgfalt einzustehen (§§ 280, 276 BGB). Bei unklarer Rechtslage werde es daher regelmäßig notwendig, eine Anrufungsauskunft beim Betriebsstättenfinanzamt einzuholen.

Die vom Arbeitgeber nachträglich abgeführten Beträge sind in Höhe der Arbeitnehmeranteile bzw. der Steuerabzüge ein Vermögensschaden für die Klägerin. Der Betrag wäre der Klägerin als Arbeitsvergütung zugeflossen, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt hätte.

Kenntnis der Entgeltgrenze durch Personalfragebogen belegt

Im strittigen Fall wird allerdings der Schadenersatzanspruch wegen Mitverschuldens der Klägerin um die Hälfte reduziert. Der Grund liegt darin, dass die Mitarbeiterin nach Auffassung des Gerichts über einen längeren Zeitraum hingenommen hat, dass es zu überschreitenden Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto gekommen ist. Der Klägerin sind die Grenzen bekannt gewesen, was aus der bei Beschäftigungsbeginn erteilten Selbstauskunft deutlich werde. Dokumentiert wurde dies im von der Beklagten vorgelegten Personalfragebogen für geringfügige Beschäftigung.

Fazit: Arbeitgeberpflichten ernst nehmen

Mit dem Urteil wird die grundsätzliche Haftung des Arbeitgebers bei Verletzung der Sorgfaltspflichten erneut festgestellt. Deutlich macht das Urteil auch, wie wichtig es für Arbeitgeber ist, auch sorgfältige aller Nebenpflichten wahrzunehmen. Hierzuzählt auch die regelmäßige Beachtung des Arbeitszeitkontos im Hinblick auf die Entgeltgrenze von 400 EUR. Wie der Fall auch deutlich macht, ist der Personalfragebogen zu Beschäftigungsbeginn bei einem Rechtsstreit elementar wichtig.

Schlagworte zum Thema:  Minijob, Arbeitszeitkonto, Schadensersatz