Wettbewerb: Karenzentschädigung keinesfalls vergessen

In einem aktuellen Urteil entschied das BAG über 46 Millionen Euro Schadenersatz, weil wettbewerbswidrig Mitarbeiter abgeworben wurden. Dr. Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt, worauf Sie bei Vertragsklauseln zur Abwerbung achten müssen.

Haufe Online-Redaktion: Herr Dr. Abeln, inwiefern ist es wettbewerbswidrig, wenn ein Arbeitnehmer das Unternehmen wechselt und versucht, Mitarbeiter mitzunehmen?

Dr. Christoph Abeln: Die Rechtsprechung versteht unter Abwerbung jede ernsthafte Einwirkung auf Kollegen mit dem deutlichen Ziel, sie zu einem Arbeitgeberwechsel zu veranlassen. Bei der Zulässigkeit ist jedoch zu unterscheiden, ob die Abwerbung im bestehenden oder nach Beendigung Arbeitsverhältnis erfolgt.

Wirkt der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis auf seine Kollegen ein, hat der Arbeitgeber verschiedene Sanktionsmöglichkeiten: Er kann vom Arbeitnehmer Unterlassung verlangen oder diese gerichtlich durchsetzen, wenn mit weiteren Verstößen zu rechnen ist. Außerdem kann er Schadensersatz fordern, sofern ein Schaden nachweislich entstanden ist. Der Verstoß ist auch geeignet, vor allem wenn für ein Konkurrenzunternehmen abgeworben wird, um eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Der Arbeitnehmer genießt aber auch Grundrechtsschutz aus Artikel 12 GG. Dies gilt  insoweit, als er für eine eigene Existenzgründung Vorbereitungen unternimmt, indem er Kollegen vom Schritt in die Selbständigkeit informiert und dabei über seine Arbeitsbedingungen informiert. Zulässig sind auch Gespräche über einen geplanten eigenen Arbeitsplatzwechsel, über bessere Arbeitsbedingungen bei einem anderen Arbeitgeber oder die gelegentliche Frage eines leitenden Angestellten an einen unterstellten Arbeitnehmer, ob er mit ihm gehen würde.

Haufe Online-Redaktion: Bestehen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses Beschränkungen?

Abeln: Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer grundsätzlich frei, frühere Kollegen zu einem Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber zu veranlassen. Denn die Abwerbung fremder Beschäftigter ist ein erlaubtes Mittel des freien Wettbewerbes.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) macht eine Abwerbung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aber auch dann unzulässig, wenn mit der Abwerbung ein verwerflicher Zweck verfolgt wird. Die Abwerbung fremder Mitarbeiter im Wege einer Verleitung zum Vertragsbruch ist dabei in jeden Fall sittenwidrig.

Haufe Online-Redaktion: Können Unternehmen im Arbeitsvertrag durch entsprechende Klauseln verhindern, dass Mitarbeiter ihre Kollegen abwerben?

Abeln: Ein Abwerbeverbot im Arbeitsvertrag ist für den Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses denkbar. Im bestehenden Arbeitsverhältnis ergibt sich eine solche Pflicht bereits aus der gegenseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflicht.

In der Rechtsprechung ist bisher nicht eindeutig geklärt, ob ein nachvertragliches Abwerbeverbot nur wirksam ist, wenn sich die Parteien im Gegenzug auf eine sogenannte Karenzentschädigung verständigen. Das ist die Zusage des Arbeitgebers, für die Laufzeit des nachvertraglichen Verbots Zahlungen an den ehemaligen Arbeitnehmer zu erbringen. Eine solche Vereinbarung ist in jedem Fall zu empfehlen, da andernfalls die Gefahr besteht, dass das nachvertragliche Abwerbeverbot unwirksam und damit für den ehemaligen Arbeitnehmer nicht bindend ist.

Haufe Online-Redaktion: Gibt es die Karenzentschädigung auch bei einem Wettbewerbsverbot?

Abeln: Ein Verbot, nach Ende des Arbeitsverhältnisses für eine bestimmte Zeit zur Konkurrenz zu gehen, darf höchstens zwei Jahre betragen. Bei einem solchen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot muss für jedes Jahr des Verbotes eine Entschädigung von mindestens der Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung gezahlt werden.

Dr. Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Geschäftsführer der Abeln Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.